Eselwandern in der Uckermark

Eselwandern in der Uckermark im goldenen Herbst ist eine ganz wertvolle Erfahrung mit Kindern. Die ungewohnte Geschwindigkeit und die vertraute Landschaft regen die Fantasie auf besondere Weise an und lassen die kleine Reisegemeinschaft eng zusammenwachsen.


Es klingt romantisch, nach lehrreichen Tagen für Mensch und Tier und nach frischer Luft….
Und es sollte eine Frauentour sein. In den ersten Ferien von der Großen, wollte ich mir ihr widmen.

Tag 1

An der Eselstation Celine Caravan in Suckow treffen wir die andere Hälfte der Belegschaft, eine Freundin samt Tochter, die auch ganz Eselinteressiert sind.
Und tatsächlich bleiben wir mit unseren zwei Tragetieren eine Frauentruppe, sogar Emma und Sofi sind Eselinnen.

Nach einer genauen Einweisung in die Handhabung der Tiere nebst den Gepäcktragegestellen und der Besprechung der Route ziehen wir gen Landschaft.
Ein asphaltierter grader Weg neben der Landstraße nach Gerswalde ist unser erster Streckenabschnitt. Doch was ist das? Ein weiterer Eseltrupp steht mitten auf dem Weg bzw. am saftigen Grünstreifen und grast vor sich hin. Die zwei Reisenden etwas verzweifelt und enttäuscht, dass sie nicht weiterkommen. Sofi und Emma schliessen sich der Graserei auch noch an – oje, jetzt heißt es Fassung bewahren, streng und konsequent bleiben, sonst denken die Esel, sie können in den nächsten 3 Tagen machen was sie wollen – aber wir sind doch Chef! Ähm Chefinnen.
Es gelingt uns kaum, sie zum weitergehen zu überreden, im Schneckentempo kommen wir die nächsten 100m vorwärts.
Wenn das so weitergeht, würden wir die angepeilten 9km für den heutigen Tag nie schaffen.
Wir rufen die Eselbesitzerin an, die uns auch prompt zur Unterstützung eilt und uns auf den Weg verhilft.
Die Methode ist die: ein kurzer Impuls aus dem Handgelenk, also ein kleiner Ruck mit dem Führstrick und als Chef geradeaus zielgerichtet stehen und in Fahrtrichtung schauen. Dann versteht der Esel nach ein paar Minuten, was Sache ist, und setzt sich in Bewegung.
Emma, die etwas kleiner und schwarz ist, zottelt dem Leittier Sofi hinterher.
Picknickpause für Mensch und Tier auf einem Spielplatz im Dorf: Wir laben uns an dem reichhaltigen Lunchpaket und genießen die Mittagssonne, die Esel laben sich an saftigem Gras, alles Gepäck ist abgesattelt und die Tiere sind an einer langen Leine am Klettergerüst festgemacht.
Wir wandern weiter durch ein Waldstück, über ein Feld und durch Hohlwege mit weiten Blicken über die Uckermärkische Landschaft, es ist still, der Wind ist kühl und die Mädchen noch wanderfreudig. Bis wir uns etwas verlaufen. Merkwürdig ist, dass der Weg plötzlich aufhört. Und wenn wir uns recht entsinnen, die Esel auch an einer Weggabelung gar nicht in die Richtung wollten, in die wir gehen wollten…. sie scheinen ihre Wege zu kennen, obwohl es wirklich ziemlich viele Wandermöglichkeiten und Routen zwischen den Stationen gibt.
Nach ca 10km inkl. Umweg gelangen wir abends ziemlich geschafft von der langsamen Schrittgeschwindigkeit in unserer Unterkunft an: die Buchbinderei Juhl: http://www.buchbinderei-juhl.de. Bildhauer Klaus Schitthelm empfängt uns, kredenzt uns Getränke, zeigt uns tolle urige Zimmer in seinem Hof und serviert uns schliesslich ein tolles Abendessen mit gebackenem Gemüse aus dem Garten. Wir sind restlos begeistert, die Mädchen mögen sich noch gar nicht von den Tieren trennen, sitzen bis zur Dunkelheit mit ihnen auf der Weide und zeichnen in ihre Skizzenbücher.
Wir schlafen lang und tief… kein Wunder bei soviel frischer Luft.
Der ökologische Gedanke spinnt sich soweit, dass die Eselwanderer mit Sommerschlafsäcken von Unterkunft zu Unterkunft ziehen, damit nicht immer neue Bettwäsche aufgezogen und gewaschen werden muss. Sehr schlau.

Tag 2
Das Frühstück findet in der grossen holzbeheizten Küche statt. Mit Klaus sitzen wir am grossen reich gedeckten Tisch und philosophieren über die Kunst und die Künstler in der Uckermark. Wir schauen uns genau die Buchbinderwerkstatt von Sylvia Juhl an und die Mädchen bekommen handgefertigte Leporellos.
Ein kleiner Schreck ereilt uns, als die Mädchen ganz aufgeregt von der Weide kommen, Sofi hat sich verletzt. Anscheinend hat sie sich in ihrem Zaumzeug mit dem Huf verfangen, als sie des Nachts so da lag. Eine Fessel war wund und sie humpelt etwas, als sie aufsteht.
Oje, was tun? Die Pferdewirtin Nadin macht einen kühlenden Verband nebst roter Stabilisierungsbinde (wir haben jetzt einen Turnieresel!) und rät uns, sie heute ohne Gepäck laufen zu lassen. Die Taschen werden dann zum nächsten Übernachtungsort transportiert…. zugegebenermaßen ein paar km Luftlinie von hier, die Wanderroute an sich erstreckt sich wieder so über ca 7 Kilometer.
Die Sonne strahlt wieder vom blauen Himmel und die kühle Herbstluft lädt uns ein, ein langes Stück durch einen abwechslungsreichen, knorrigen uckermärkischen Herbstwald zu wandern.
Nächstes Ziel ist der Straussenhof Berkenlatten.
Wir finden eine blaue Bank in der Sonne – das ideale Picknickplätzchen, Wanderstöcke werden geschnitzt und wir beschliessen noch eine extra Schleife zum See zu laufen. Der Sabinensee lädt fast zum Baden ein, wenn die Luft nicht so kühl wäre.
Am späten Nachmittag landen wir auf der Straussenfarm: http://www.strauss7.iw-h.de/straussenhof/ unsere Unterkunft: ein Stelzenhaus auf der Eselwiese ohne fliessend Wasser und Strom, herrlich so dicht bei den Tieren zu sein. Außer vielen laufenden Vögeln und der Alpha Henne Merle, gibt es noch Ziegen, Katzen, Enten und so allerlei.
Zum Abendbrot gibt es einen Berg mit Straußenfleisch und Straußenwürstchen zu essen – nichts, um Vegetarier zu begeistern – aber auch dafür hätten die Gastgeber sicherlich eine Variante anzubieten. Dann gehts ins Bettchen, die Mädchen schlafen oben, auf einer Art Schlafboden und die Mamas unten. Es wird empfindlich kühl und ich wünsche mir statt meines Sommerschlafsacks plus dicker Decke obendrauf meinen Winterdaunenschlafsack her.

Tag 3
Nun wir kommen durch die Nacht und stärken und wärmen uns bei einem Bauernhoffrühstück am nächsten Morgen mit den Wirten.
Wir schauen uns noch die anderen Straußen’Familien’ an, bevor wir mit Emma und Sofi die letzte Etappe antreten. Es geht zurück nach Suckow mit einem Ausblick vom Pechberg.
Das Picknick machen wir heute an einem Feldrand und bekommen noch Besuch von einer jungen Dorfbewohnerin, Marie, die uns ein Stück begleitet. Wir müssen feststellen, dass unsere Wanderkarte verloren gegangen ist und versuchen mal, unserem Orientierungssinn eine Chance zu geben. Der wird abgeglichen mit dem GPS auf dem Handy und für gut befunden. Die Sonne strahlt noch mal vom Himmel und wir genießen die letzten Kilometer. Die Erwachsenen stellen fest, daß sie gerade dabei sind, so schön weit weg zu sein in Gedanken und dass man jetzt noch ruhig auf eine Woche verlängern könnte, Auch die Esel sind so richtig gut eingespielt, na und die Mädchen sowieso… nur dass sie heute am Eselführen nicht so ein Interesse zeigen. Die Tiere wissen, wo es nach Hause geht und legen gleich einen Schritt zu, als der Hof in Sichtweite ist.
Auf einen Abschiedskaffee mit der Besitzerin Katrin von Zwoll lassen wir nochmal alles kurz Revue passieren und verabschieden uns dann – mit grossen Dank für die nicht ganz alltägliche Erfahrung einer schönen Landschaft, die wir jetzt noch besser kennengelernt haben.
Kleine Hinweise am Rande für Familien:

  • Selbst die kurzen Etappen sind kein Pappenstiel
  • Wandererfahrung ist von Vorteil
  • Andere Kinder sind von Vorteil, falls der Esel mal langweilig wird
  • Geschichten, Geocaches, Schatzsuche, Lieder… machen die Wanderung für Kinder noch interessanter
  • An den Übernachtungsstationen haben sowohl die Kinder meist noch highlights, ob im Streichelzoo oder bei der Eselpflege und die Erwachsenen können entspannen
  • Hauptsächlich haben die Esel übrigens das Gepäck getragen, sie könnten angeblich auch ein Kind bis 35 kg tragen – aber dann eben kein Gepäck.
    Außerdem wäre das ‚Reiten’ ohne Sattel gar nicht so komfortabel, ich wüßte nicht, wie man ein kleineres Kind da ‚befestigen’ sollte….

 

Das Eselwandern fand statt mit Unterstützung von tmu Tourismus Marketing Uckermark GmbH und

 

 

 

Geertje

Geertje schreibt und fotografiert auf Reisen gerne, um diese intensiven Momente des Lebens festzuhalten. Sie möchte diese wunderbare Welt auch ihren Kindern zeigen und reist deshalb am liebsten als Familie in den Norden. Schön ist es, wenn Bilder und Texte auch andere Familien zum Reisen inspirieren.

2 Kommentare:

  1. Warum in die Ferne schweifen…..

  2. Pingback:Tag des Wanderns am 14. Mai 2017 viele tolle Tipps und Empfehlungen

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