Mutter Tochter Wochenende

Manchmal im Alltag kommt eines von zwei Kindern zu kurz – bei einem Mutter Tochter Wochenende soll sich das ändern. Ich merke das Zukurzkommen daran, dass in steten Abständen der Wunsch der Großen geäußert wird: Mama, wann machen wir mal wieder ein Mama-Tochter Wochenende. Nur wir zwei? Inspiriert sind solche Wünsche manchmal von Freundinnen, die gerade mit ihrer Mama auf dem Reiterhof waren oder ähnlichem. Trotzdem, wenn das stete Nachfragen nicht nachlässt, ist es doch ein inniger Wunsch, mal zusammen Zeit zu verbringen, ohne, dass ein kleiner Bruder, der Computer oder sonst wer dazwischenfunkt.

Wer mich kennt, weiß, dass Pferdehof nicht so meins ist. Ich finde es schön auf dem Lande, würde jetzt aber nicht Tag und Nacht mit den Pferden verbringen. Unsere Große schon. Nun bin ich etwas in einem Zwiespalt und möchte gerne etwas finden, was wir beide mindestens gleich gut finden.

Wer uns kennt, ahnt auch, dass wir kein Wellness Beauty Wochenende machen und auch nicht Shoppen gehen werden.

Mutter Tochter Wochenende heißt etwas Gemeinsames zu finden

Das ist nicht leicht. Aber ich erinnere mich, dass ich so begeistert war, vor einem Jahr mit meiner Tochter etwas gemeinsam gelernt zu haben. Wir haben in Hvide Sande in Dänemark unseren Surfschein gemacht. Seitdem haben wir es nicht mehr geschafft, auf ein Brett zu steigen.

Die ersten warmen bzw. heißen Wochen in Brandenburg sind angebrochen. Das anvisierte Wochenende sollte auch sonnig werden. Meine Recherche ergibt, dass gleich hinter der Stadtgrenze von Potsdam ein Zeltplatz mit Surfschule zu finden ist. Eigentlich hat man sogar das Gefühl, noch mitten in Potsdam zu sein.

Der Start ins Mutter Tochter Wochenende

Nach der Schule hole ich die Große am Freitag ab. Campingausrüstung ins Auto geschmissen, leckere Verpflegung eingekauft, meinen Neopren und Badezeug raus gekramt.

Durch Potsdam City brauchen wir ein Weilchen und sind schon ganz zappelig, weil wir die sonnige Zeit am Nachmittag bis zum Schließen der Surfstation noch ausnutzen wollen.

Wir hören Radio Teddy, summen ein bisschen Sommermucke mit und naschen Erdbeeren im Stau. In der PIrschheide angekommen, sind wir schon ein Stückchen durch Wald gefahren. Ah, durchatmen. Grün. Abstand gewinnen. Der Zeltplatz an der Pirschheide ist eine riesige Anlage. Geschäftiges Treiben. Wir müssen schnell zur Rezeption und dann aber ab zur Wassersportschule, die ist auch gleich im Eingangsbereich.
Wir werden in den hinteren Bereich, zur Badewiese verwiesen. Dort ist die eigentliche Surfstation. Wir tuckern im Schritttempo den Weg zwischen den Caravans und Wohnwagen entlang. Kaum ein Zelt weit und breit. Aber die Zeltwiese ist schön leer und wir parken gleich in der Nähe  der Surfstation.

Jetzt wird’s spannend. Ich schaue auf die Uhr. Kurz nach drei. Bis sechs kann man Sachen ausleihen.

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Das Equipment liegt schön aufgereiht da und ein Mitarbeiter sucht für uns das passende aus. Ich fühle mich total unsicher, wüßte glaube ich nicht mehr wie man das alles zusammenbaut. Gerade noch wie man das fertig zusammengebaute Segel zum Wasser trägt und den Mast in den Mastfuß einklickt. Zum Glück ist alles prima vorbereitet, so dass wir uns nur noch in unsere Neoprenhaut pellen müssen.  Merle trägt ihr 1,5 Quadratmeter Segel lässig zum Wasser. Ich bekomme ein 2,5 Quadratmeter großes Trainersegel. Nichts Besonderes. Bei den Böen, die heute auf dem Wasser herrschen muss man auch nicht gleich so große Segel wählen. Ein erfahrener Surfer kommt uns entgegen und erzählt uns von den Verhältnissen hier und heute. Respekt. Hui, es ist so warm, dass ich voll schwitze, als ich meinen 3mm Neopren angezogen habe. Wie angenehm kühl es ist, als endlich das Wasser von unten reinläuft, als ich mit den Füßen im See stehe.
Ich bin froh, dass uns niemand beobachtet. Auf dem Templiner See ist indes aber viel Schiffsverkehr. Der Surflehrer, der uns das Material zugeteilt hat, warnt uns, dass wir versuchen sollten, erst mal möglichst viel am Wind zu fahren, also zu kreuzen. In die entgegengesetzte Richtung würden wir sowieso abtreiben…. Aber auch wenn man einige Kilometer am Ufer weiter östlich landet, könnte man zurück laufen – uff darauf hätte ich gar keine Lust. Wir steigen auf das Brett und fangen ein bisschen Wind ein. Die ersten Stehversuche sind noch ganz wacklig, dann geht es nach und nach. Nach wenigen Metern wird es so tief, dass man nicht mehr stehen kann. Das ist besonders doof für meine kleine Große. Ich habe Bedenken, dass wir zu weit voneinander wegsegeln. Deshalb schaue ich immer wieder und selbst wenn ich in Fahrt komme, versuche ich wieder zurück zu surfen zu ihr. Ein paar hundert Meter östlich steht ein Schild im Wasser die „60“: Das ist unser magischer Punkt. Um nicht allzu weit wegzutreiben, wenn wir nicht zurückkreuzen können, ist das der Punkt, an dem wir Richtung Ufer fahren und dann zum Steg zurücklaufen im Bauch tiefen Wasser. Diese kleinen Wanderungen haben aber auch etwas Beschauliches – ein bisschen wie Wattwandern wahrscheinlich.

Leider zeigt es uns aber auch, dass wir noch nicht alles richtig begriffen haben. Trotzdem macht es riesen Spaß, immer mal wieder ein paar Böen auszunutzen. Wir zeigen uns gegenseitig, wie das mit der Wende war und einiges andere. Das ist richtig schön, weil wir ungefähr gleich viel können. Der Körper scheint sich auch an einiges zu erinnern, wogegen die Theorie noch blass bleibt. Ein weiterer schwieriger Punkt im Templiner See ist die Fahrrinne. Der rege Schiffsverkehr sorgt für Wellen und ich habe Angst, dass Merle von wilden Motorbooten umgefahren wird, wenn sie so im Wasser herum dümpelt. So ganz ideal ist der Ort hier nicht. Ein Motorboot gesperrter See wäre toll.

Falls jemand einen Tipp hat, immer her damit.

Puh wir sind nach guten zwei Stunden im Wasser doch etwas geschafft und hungrig. Es ist noch schön hell und sonnig auf der Zeltwiese. Wir bauen unser kleines Tipi von Nigor aus und fühlen uns fast wie auf einer großen Reise. Viele kleine Kaninchen hoppeln hier im Gras umher und das Aufbauen wird immer wieder durch Staunen und Fotografieren unterbrochen. Die große richtet Isomatten und Schlafsäcke und macht es uns richtig gemütlich. Ich koche auf dem Spirituskocher ein leckeres Nudelgericht. Dazu gibt es was zu trinken und natürlich Chips zum Nachtisch. Alles ist so toll langsam und gemächlich. Auch für mich ist es ungewohnt meine Aufmerksamkeit nur auf ein Kind zu richten. Ich genieße das.

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Mutter Tochter Wochenende mit Retrospiel und Gemütlichkeit

Zufällig habe ich ein Retrospiel aus meiner Kindheit im Auto. Ich packe „Das Nilpferd in der Achterbahn“ aus und obwohl wir die Gebrauchsanleitung nicht haben, spielen wir mit viel Enthusiasmus, kneten, zeichnen und machen Pantomime. Dann wird es kühler und die Mücken kommen. Zum Sanitärgebäude auf dem Campingplatz müssen wir einen kleinen Spaziergang unternehmen, sehen dabei dutzende Fernseher in den Wohnmobilen und Campern. Nein, das wollen wir nicht. Wir freuen uns auf unser Zelt. Ich lese noch was vor. Die kleine Große pennt einfach weg.

Am nächsten Morgen lassen wir es auch sehr ruhig angehen. Das Nilpferd muss noch eine Runde fahren und um zehn leihen wir uns nochmal Surfequipment. Es ist viel weniger Wind, wir bekommen jeweils größere Segel und probieren so ein paar technische Dinge aus. Die Sonne brezelt. Das Wasser verklebt uns die Haare und wir fühlen uns wild und frei.

Mutter Tochter Wochenende

Mutter Tochter Wochenende

Merle hat am heutigen Samstag noch eine Party Verabredung, so dass wir unsere Mädelszeit langsam beenden müssen.

Ich möchte jede Mama motivieren und inspirieren, mit einem Kind etwas zu unternehmen, was für beide gleichermaßen spannend, lehrreich oder herausfordernd ist. Mit ein bisschen Zeit im Gepäck und viel Gelassenheit, um miteinander zu reden und voneinander zu erfahren, was gerade so aktuell ist. Ich habe mir vorgenommen, das von Zeit zu Zeit mal bewusst zu machen. So wie man als Eltern bewusst mal ein Wochenende zu zweit hat, auch mal mit jedem Kind einzeln etwas zu machen.

Geertje

Geertje schreibt und fotografiert auf Reisen gerne, um diese intensiven Momente des Lebens festzuhalten. Sie möchte diese wunderbare Welt auch ihren Kindern zeigen und reist deshalb am liebsten als Familie in den Norden. Schön ist es, wenn Bilder und Texte auch andere Familien zum Reisen inspirieren.

2 Kommentare:

  1. Hi Geertje, da bin ich ganz bei dir! Ich genieße das auch sehr, mal nur mit einem der Kinder etwas zu unternehmen. Das kommt im Alltag oft viel zu kurz. Bei uns ist es immer der Mädelsausflug, wenn wir auf Reisen sind, ein Tagestrip nur für meine Tochter und mich. Und mein Kleiner ist zur Zeit noch in der besonders privilegierten Situation, als noch-nicht-Schulkind auf Reisen außerhalb der Ferien mit zu dürfen, genießt er ganz extrem ? Ich finde das wichtig bei mehreren Kindern, sich immer mal ganz ausgiebig auf eins konzentrieren zu können. Schöner Post von dir! LG Stefanie

  2. Danke Stefanie. Sicherlich gibt es auch schöne Vater Tochter oder Vater-Kind Wochenenden, aber von denen soll dann auch mal der Vater schreiben 😉

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