Tag 2 Donnerstag, der 23.12.2010.

Die lange Fahrt / Autor: Jan

Die Nacht wird unruhig. Das Schiff schwankt ordentlich. Vor allem für Ostseeverhältnisse. Hätten wir nicht vor ein paar Monaten die Überfahrt von Island bei Windsträrke 10-12 mitgemacht, wäre wir sicher beunruhigter gewesen.

Nach kaum mehr fünf Stunden Schlaf, werden wir, wie alle andern auch gegen 530 geweckt und sitzen um 600 im Auto. Ich  frohlocke. 6.30 in Trellebrog. Leichter Schneefall. Starker Wind. Aber die Strassen frei. Ist man ja aus Potsdam nicht gewohnt. Mein Frohlocken bezieht sich auf die potentielle Reisegeschwindigkeit und das wir mit diesem frühen Start, die vorunsliegende Strecke vielleicht schon Mittags zur Hälfte hinter uns haben. Aber nix is.

Kurz nach dem Verlassen Trelleborgs: Stau! Stau? Um die Zeit an diesem Tag? Geertje fährt. Gott sei dank. Sie hat mehr Geduld als ich. Tapfer fährt sie 2 Stunden 35 km/h im Stau, dessen Ursache letztlich zwei Räumfahrzeuge sind, die eine riesige Autoschlange hinter sich herziehen und nur ab und zu ein paar passieren lassen. Irgendwann sind wir an der Reihe. Wir überholen. Freiheit. Es ist immer noch dunkel. Nach zehn Minuten muss ich pullern und Geertje will tauschen. Verständlich. Aber Dumm. Unüberlegt. Denn unser kurzer Stop führt dazu, dass wir promt wieder von den Schneeräumern eingeholte werden und uns wieder hinten in den Stau einreihen dürfen. Da ich jetzt fahre, fluche ich leicht vor mich hin, aber glücklicherweise scheint eine Autobahnabfahrt weiter eine Bezirksgrenze oder so zu liegen, jedenfalls fahren die Schneeräumer ab und geben den Weg frei auf eine leicht schneeverwehte aber doch gut befahrbare Autobahn. Jetzt aber Tempo. Zwei Stunden in Schweden und noch nichtmal 70 km geschafft. Mann, Mann, Mann.

Ich fahre in den Sonnenaufgang. Draussen -5 Grad. Soweit so gut. Erster Zwischenziel Jönköpping. Wir erreichen es gegen 1130. Dann weiter nach Örebro. Noch etwas Autobahn, dann aber doch Landstrasse. Auch gut geräumt. Mutala kommt und geht. Örobro auch, dann ist es aber schon gegen 14 Uhr. Nach fast 6 Stunden Fahrt bin ich doch fertig. Wir suchen uns ein wirklich sehr nettes Cafe an der Autobahn. Essen und trinken Warmes und lassen Merle mal so richtig rumhüpfen. Inzwischen ist die Temperatur schon auf -15 Grad gefallen.

An dieser Stelle mal der Hinweis: Wir sind noch nie eine so lange Strecke auf irgend einer unserer Reisen gefahren. Ich halte nichts davon. Im Dunkeln fahren ist gefährlich und anstrengend. Mehr als vier Stunden finde ich für Merle grenzwertig. Und überhaupt ist das dann kein Spass mehr, sondern Stress. Ich weiß, dass viele das machen: 1000 km nach Italien und ähnliches. Wer das kann und will oder wie wir muss, wegen Buchung und Urlaubstagen usw. Ok, bitte. Aber wir werden es in Zukunft versuchen, wo es geht zu verhinden. Vorallem Richtung Norden ist es eigentlich wirklich nicht vernümpftig. Hohe Minusgrade, verschneite und vereiste Strassen, viel Dunkelheit. Nein, ich kann und werde es nicht empfehlen und bin jetzt sehr froh, diese Zeilen heilangekommen schreiben zu können.

Geertje fährt weiter. Obwohl selbst müde will sie mich ablösen. Wir fahren los. Auf einer Querverbindungsstrasse ab Karlskoga zur nächten Autobahn bietet sich auf der Verbindungsstrasse 237, danke der bis zur unkenntlichkeit verschneiten Schilder, die erste Gelegenheit sich zu verfahren, die Geertje (trotz zmeines Hinweis „im Zweifel links abbiegen.“ fährt sie an einer Stelle, wo ich nicht aufpasse promt rechts) gleich nutzt. Die völlig verschneite Strasse und das Schild 205 macht mich/uns nach 5 kilomtern stutzig. Geertjes Freude einen Elch gesehen zu haben, wird von meinem Gemecker etwas getrübt. Und sie hat den Elch gleich zweimal gesehen, wegen der Verfahrung. Aber dieser Umweg geht mir an die Nerven, denn es wird gegen 1500 langsam dunkel, und wir haben noch über 400 kilometer Landstrasse vor uns. Nach dem wir wieder auf dem richtigen Weg sind bekennt sich Geertje zu ihrer Müdigkeit, die wohl auch Mitursache für den vorangeganen Lapsus war und ich steige wieder hinters Steuer.

Die Dämmerung setzt ein. Die Landstrasse 26 liegt dunkel vor mir. Nächstes Ziel Mora. Die Strecke zwischen Filipstad und Vansbro ist gut und zügig befahrbar. Der Tank ist nur noch knapp ein Viertel voll und in Vansbro ist keine Tankstelle in sicht. Die Entscheidung 75 Kilometer bis Mora mit einem solchen Tank zu fahren, treffe ich schnell, um vorwärtszukommen und bereue sie dann eineinhalb Stunden lang, denn die Strassenverhältnisse werden auf einmal sehr schlecht. D.h. langsamer fahren, länger brauchen, mehr Benzin verbrauchen. Mist. Wir sind durch den roten Bereich auf dem Tankanzeiger durch, als wir ein Schild mit dem Hinweis „Mora 35 Km“ passieren. Keine größeren Ansiedlungen in Sicht. Kaum Autos auf der Strasse. Stockdunkel draussen und -26 Grad. Na toll. Noch 17 Kilometer. Die Tanknadel nähert sich dem absoluten Nullpunkt. Wir beginnen Pläne zu schmieden. Geertjes Idee, an einem Haus zu halten und nach Benzin und Hilfe zufragen bevor wir stehen bleiben mitten auf der Strecke, ist gut und richtig. Blöd nur, dass kein Haus kommen will. Ich fahre so Spritsparend wie möglich. Noch 5 Kilometer. Meine Nerven liegen blank. Doch dann, nach einer Kurve, die Erlösung. Vor uns Mora und gleich am Ortseingang eine Tanke. Danke. Rechnet man nach dem Tanken kurz durch, stellt man fest, dass noch 3 Liter im Tank waren. Das war knapp. Je nachdem, ob man den Berg rauf oder runter fährt, kann das schon zu wenig für den Benzinansaugstutzen sein.

Es ist jetzt 1920 Uhr. Noch 150 Kilometer. Wald, Kälte und Dunkelheit. Geertje übernimmt wieder. Merle hat sich übrigens großartig geschlagen. Keine Jammern, kein Zetern. Mal ein Buch vorgelesen bekommen. Mal gesungen. Mal geschlafen. Immer gut drauf das Kind.

Geertje fährt zu recht langsam und vorsichtig. So sollten sich die 150 kilometer zwar strecken, aber besser sicher als schnell angekommen. Die Strassen sind nicht besonder gut geräumt. D.h. hier, man sieht manchmal den Belag der Strasse aufgrund einer festgefahrenen Schneedecke nicht. Mit den nicht geräumten Strassen in Potsdam nicht zu vergleichen. DIE sind wirklich fast nicht zu befahren.

Merle und ich gucken einen Film auf dem iPod und gehen dann zu einem Fantasiespiel mit Zwergen und Trollen, Pferden und Dinosauriern über. Merle fantasiert siche einen wilden Mix aus allen möglichen Filmen und Büchern zusammen und ich steige drauf ein. So kommen wir um 2130 in Idre an. Blöd nur, dass das Skigebiet noch eine Kurve mit der Aufschrift „Noch 9 Kilometer bis zum Idre Fjäll“ weiter ist. Jetzt packt uns aber echt die Ungeduld. Nach fast 14 Stunden On The Road sind wir nun nur fast da. Trotzdem wartet noch eine kleine Prüfung auf uns. Nachdem wir unseren Schlüssel aus einem Spätankommer Kasten gefischt haben, suchen wir das Haus mir der Nr. 38. Geertje biegt in den richtigen Weg ein, wir fahren aber am Ziel vorbei. Dummerweise liegt es an einem Hang und so stellt sich die Idee einfach mal zu wenden und zurückzufahren auf dem Schnee als schwieriger raus als gedacht. Jetzt drehen die Reifen durch. Wir kommen nicht weiter. Was tun. Wir tauschen. Ich fahr Rückwärts bis zu einer Stelle auf der die Strasse wieder Horizontal wird und hole Schwung. Keiner will jetzt noch im Dunkel Schneeketten aufzuziehen.(wir hatten uns vorgenommen, es nochmal zu Hause zu üben, aber das ging im Stress unter. Sowas rächt sich bei solchen  Gelegenheiten). Das mit dem Schwung holen klappt, aber ich kann auch nicht mehr anhalten, um nach dem Haus zu suchen, sondern nutze den Schwung bis oben an die Kreuzung. Geertje, die ausgestiegen war, läuft nun bei -25 Grad von Haus zu Haus. Ich wende und als sie winkt, fahre ich wieder runter, bis in die Auffahrt unserer Hauses. Endlich, Endlich da.

Mann O Mann. Jetzt noch den Bus leer machen und dann ins Bett. Auch das dauert noch. Um 2220 sind wir so einigermassen angekommen. Merle ist hundemüde und als ich sie ins Bett bringe, während Geertje die Sachen einräumt Schlafe ich promt mit ein. Geertje muss so allein ihren Willkommensabsacker trinken. Aberdas macht dann auch nichts mehr.

Alles in allem gut gelaufen. Nichts passiert. Nur fast. Trotzdem eine Erfahrung für die Aufschrift „Nie wieder!!!!“.

Geertje

Geertje schreibt und fotografiert auf Reisen gerne, um diese intensiven Momente des Lebens festzuhalten. Sie möchte diese wunderbare Welt auch ihren Kindern zeigen und reist deshalb am liebsten als Familie in den Norden. Schön ist es, wenn Bilder und Texte auch andere Familien zum Reisen inspirieren.

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