Die Insel Kihnu mit Strandtagen und Räucherfisch

Es wird wieder ein warmer Sommertag auf der estnischen Insel Kihnu, gesprochen: Kichnu. Ich spüre es schon, als uns die warmen Sonnenstrahlen auf dem Heuboden bei Kuraga accomodation bei Õie wecken.

Ein Morgen auf der Insel Kihnu

Morten und ich genießen einerseits die frische Nachtluft, werden aber im Gegenzug von den ersten Sonnenstrahlen geweckt. Ich mag das ja.

Jan und Merle haben es dagegen unten im Gartenhäuschen fabelhaft verdunkelt.

Ich setze mich an den alten Küchentisch, den wir nach draußen in den Garten getragen haben, und schreibe ein paar Zeilen für unseren Blog. Der Rest schläft noch, so genieße ich Kaffee und Arbeit; bevor die Hitze hier an der Ostsee so richtig losgeht.

Unsere Gastgeberin trägt heute ihre Kihnu Tracht, den gestreiften Rock und läuft damit schon geschäftig im Garten umher und kümmert sich um ihre japanischen Gäste, die haben für heute Fahrräder ausgeliehen, obwohl gar nicht alle Fahrradfahren können.

Als meine Familie so langsam aus den Federn kommt, machen wir Frühstück, essen ein bisschen Müsli und beginnen das Gartenhaus aufzuräumen, denn wir haben uns innerhalb von zwei Tagen etwas ausgebreitet.

Dann brechen wir auf, um noch ein paar Orte auf der Insel zu sehen.

Insel Kihnu

Ein Strandtag auf der Insel Kihnu

Zunächst schauen wir bei unserer Unterkunft für die folgende Nacht vorbei. Pihakula wird davon einer Familie betrieben, die schon immer auf der Insel wohnt. Taivi hat fünf Kinder, verschiedene Jobs, Rainer ist Fischer.

Ein paar schöne Blockhütten mit Draußenküche stehen im Gartenhof des modern gestalteten Holzhauses der Familie. Oh was freuen wir uns auf die kommende Nacht.

Des restlichen Tag wollen wir jedoch am Strand der Insel Kihnu verbringen und fahren ein paar Stellen ab. Uns wurde der Strand hinter Rannan Camping empfohlen. Weite Wiesenfläche mit einzelnen Wacholderbüschen ist jetzt etwas ausgedörrt, es folgt jedoch ein etwas steiniger Sandstrand, der weit und flach ins Meer hineinführt. Aus einer Sandbank hat sich weiter draußen eine kleine Insel gebildet.

Insel Kihnu

Der Kleinste ist schon ganz fix in seine Badehose geschlüpft und streunt Krebse suchend durch das flache Wasser, irgendwann krempel ich meinen Rock hoch und folge ihm auf die Sandbankinsel. Das Ostseewasser ist herrlich warm und man kann wahrscheinlich stundenlang Wassertreten.

Merle und Jan warten schon im Schatten der Wachholderbüsche, denn um diese Mittagszeit ist es wieder um die dreißig Grad und die Sonne brennt vom Himmel herunter.

Insel Kihnu

Rocky Beach mit Burgern auf der Insel Kihnu

Wir setzen uns wieder ins das klimatisierte Auto und folgen den gewundenen Inselwegen ein wenig in den Norden. Wir passieren einige markante Unterkünfte von denen wir schon gehört haben und landen dann in Rock City oder Rocky Beach. Das ist eine Imbissgaststätte am Nordende der Insel, die auch einige Unterkünfte anbietet. Die Familie isst Burger, ich genehmige mir Matjes. Ein bisschen Fisch muss man schon hier auf der Insel genießen.

Nach dem alles verputzt ist, erkundet der Kleinste unter Abenteurern schon mal das Ufer von Rocky Beach. Der Kiefernwald ist wunderschön, der Strand aber von Schilf gesäumt, nicht richtig zum Baden geeignet.

Insel Kihnu

Der Strand meiner Kindheit auf der Insel Kihnu – ein Camp für die ganze Familie

Deshalb folgen wir den Waldwegen bis zur Nordspitze, wo laut Karte auch Sandstrand eingezeichnet ist. Wir trauen unseren Augen kaum als wir den Strand meiner Kindheit erreichen. Lichter Kiefernwald mit Moosboden endet an einem 10 Meter breiten Sandstrand. Vom Wind zerstörte Bäume liegen hier als Treibholz umher. Es ist richtig schön wild. Der Sand führt mit ein paar Steinen gespickt flach ins Meer.

Es ist wunderschön und so nah am Wasser durch die vielen dünnen Kiefern halbschattig.

Hier schlagen wir unser Camp für den restlichen Tag auf.

Ein Trap bildet das Dach und wird zwischen vier Bäume gespannt, eine Picknickdecke und zwei Hängematten sind die Sofas für den Tag. Mit uns sind eine Handvoll Leute über diesen Kilometer Sandstrand verteilt.

Später spaziere ich ihn entlang und sehe sogar, dass man gut zwischen den lichten Bäumen zelten kann. Ich spaziere bis zur Nordspitze und finde einen tollen ausgeblichenen Ast, den ich später zum Lager schleppe, um ihn zu zeichnen.

Arschbombe in der Rigaer Bucht auf der Insel Kihnu

Dann baden wir abwechseln mit den Kindern und laufen ca. 500 Meter in das Meer hinein, ohne, dass es unseren Bauchnabel überschreitet. So flach ist es auch an einem Granitfelsen, der dort im Meer liegt. Ein paar Kinder Klettern mutig drauf und springen mit Arschbombe in das warme Salzwasser. Man versteht sich trotz verschiedener Sprachen.

Im Schatten lesen wir und malen diverse Fundstücke aus der Umgebung ab bis schließlich die Mägen anfangen zu knurren. Die gängigen Imbiss Buden sind mitten in der Woche gegen 18 Uhr schon geschlossen. So machen wir uns auf den Weg zu unserer Unterkunft, um dort etwas in der rustikalen Draußenküche zu kochen.

Robbensafari auf der Insel Kihnu

Taivi die Besitzerin von Pihalaka eilt uns schon entgegen. Ob wir auf Robbensafari gehen wollen – dann wäre jetzt sofort die Chance.

Wir müssen uns kurz besinnen und den Hunger überwinden. Die Chance wollen wir mitnehmen und eilen mit Schwimmwesten bewaffnet zum Hafen der Insel  Kihnu. Rainer, Taivis Mann ist Fischer und wir brausen mit einem Motorboot über die Wellen. Er hat schon eine Ahnung wo die Graurobben sich heute Abend aufhalten. Die Abendsonne steht tief und wärmt uns den Nacken, während der Wind frisch ins Gesicht bläst. Herrlich einfach so auf dem Meer unterwegs zu sein.

Und dann sieht Rainer mit dem Fernglas zum Horizont. Auf Estnisch sagt er zu seiner Frau, dass er sehr viele in der Ferne sieht. Wir werden aufgeregt und vermuten hinter jeder Welle die erste Robbe.

Dann schauen tatsächlich neugierige Köpfe aus dem Wasser. Manche der Graurobben schauen so weit heraus, dass ihr heller Bauch mit braunen Punkten in der Abendsonne strahlt. Es ist unglaublich, ich habe noch nie Robben in freier Wildbahn gesehen und freue mich sehr. Alle sind super aufgeregt und wollen eigentlich nicht mehr zurück.

Abendbrot in der Draußenküche

Doch wir wollen Rainer und Taivis Zeit nicht überstrapazieren und freuen uns außerdem auf unser Abendbrot. Ich versuche so schnell wie möglich Bratkartoffeln und Hühnerfleisch zu zaubern. Jan wollte Letscho kaufen, griff aber zu eingekochten Tomaten. So gibt es Tomatensoße in großen Schalen und Bratkartoffeln mit Fleisch anbei.

Dann bricht der Abend langsam an und die Mückenschwärme bevölkern das Gelände. Ich habe mein Mückenhemd an und fühle mich gut geschützt. Man kann hier gut auf diversen Sitzgelegenheiten rumlümmeln und da mein Internetempfang hier nicht besonders brillant ist, entscheide ich mich für das Gitarrespielen auf unserer Gitale.

Die Große gesellt sich zu mir und lernt ein paar neue Lieder und übt die Griffe. Die kleine Gitarre ist wirklich ein schönes Utensil, was wir jetzt immer dabei haben sollten.

Treffen mit Einheimischen auf der Insel Kihnu – Geschichten und Orte

Nach einer Nacht im kleinen Blockhaus bei Pihlaka Accomodation auf der estnischen Insel Kihnu wachen wir auf, um unseren letzten Tag hier mitten in der Ostsee zu verbringen.

Unsere Frühstücksvorräte gehen zu Ende. Deshalb fahren Merle und Jan kurz zum einheimischen Laden und kaufen ein paar Cerealien. In dem großzügigen Garten von Pihlaka Accomodation gibt es diverse schöne Frühstücksplätze mit Schatten und ohne. Leider nicht mit ohne Wespen. Die belagern uns hier ganz schön und versuchen unser Frühstück zu unterbrechen.

Im Dorf ist noch alles ruhig. Gestern Abend spielten noch ein Dutzend Kinder verschiedenen Alters hier um den Hof Verstecken. Man merkt es richtig, dass hier noch Bullerbü Idylle herrscht. Große und kleine Kinder tollen bis Sonnenuntergang gegen 23 Uhr gemeinsam umher. Nur sehr selten wird auf die Handys geschaut.

Familienleben auf der Insel Kihnu – Geschichten von Einheimischen

Taivi, Mutter von fünf Kindern und selber Inselkind, erzählt mir von dem Familienleben auf der Insel. Die Kinder wachsen in einer sicheren Umgebung auf. Sie musizieren, tanzen, treiben gemeinsam Sport. In manchen Schulklassen sind nur eine Handvoll Kinder. Natürlich fahren sie mit dem Rad zur Schule. Ab Klasse Neun wechseln sie nach Pärnu und wohnen da bei Verwandten. Dann kommen sie nur am Wochenende zurück auf die Insel.

Zum Studieren fliegen dann auch viele aus, wie Taivis älteste Tochter, die mittlerweile in Krakow lebt. Einige kehren dann aber auch zurück auf die Insel. Taivi kennt ihren heutigen Mann Rainer eigentlich schon immer, denn er ist auch von der Insel. Gemeinsam haben sie hier von 15 Jahren ein schönes neues Holzhaus gebaut. Ein junger Architekt aus Tallinn hat es entworfen. Ich sehe gleich, dass es etwas besonders ist. Nicht protzig, dafür wunderbar organisch fügt es sich in die Landschaft der kleinen Insel Kihnu ein. Es ist mit viel Holz gestaltet. 2003 gab es auf der Insel einen Herbststurm, der hat viele Bäume mitgenommen. Diese nutzten dann Taivi und Rainer für ihren Hausneubau. Heute können sie stolz sagen, dass es zu großen Teilen aus regionalen Baustoffen gemacht wurde.

Obwohl Taivi nicht fließend Englisch spricht, verstehen wir uns prima und ich versuche alle Infos über das Familienleben auf der Insel aufzusaugen.

Sie hat eigentlich Urlaub jetzt im Juli, arbeitet nicht bei der Gemeinde für ein paar Wochen. Hat aber in dieser Zeit trotzdem mit der Pihlaka Unterkunft zu tun. Hütten reinigen, Betten neu beziehen, Gäste empfangen.

Insel Kihnu

Rund 30 tausend Touristen hat die kleine Insel Kihnu derzeit im Jahr. Die meisten von ihnen sind Tagestouristen oder bleiben 1- 2 Nächte. Da sind wir also eine Ausnahme.

Taivi spricht von einem Gleichgewicht, das gerade herrscht. Ein paar mehr Touristen könnte die Insel wohl vertragen, aber jetzt sei es ganz richtig so, wie es ist.

Sie selbst plant einen Familienurlaub in Kraków. Alle werden zur großen Schwester nach Polen reisen. Aber auch andere große Städte in Estland sind beliebte Reiseziele. Pärnu, die Sommerhauptstadt, Tartu oder auch Tallinn natürlich sind interessant für Familien.

Als ich ihr eine Potsdamer Stange (regionales Bier) als Geschenk auf den Tisch stelle, ist sie mega erstaunt. Sie war vor 20 Jahren mal dort, als eine Freundin in Potsdam studierte. Welch schöner Zufall.

Insel Kihnu

Banja und andere russische Wortfetzen

Wir ziehen jetzt weiter und wollen schon mal zu unserer nächsten Unterkunft auf Kihnu schauen. Es ist Niine Majutus. Als wir den sandigen Weg mit dem Auto einbiegen, sehen wir schon das kleine Ensemble aus Holzhäusern. Es scheint noch niemand vor Ort zu sein. Ein Schild zeigt uns zwei Telefonnummern.

Auch Arne Oad der Vermieter spricht kaum Englisch, aber am Telefon kommt rüber, dass er gleich da sein wird. Als er uns die Schlüssel für das Haus übergibt, stellt sich heraus, dass er besser Russisch spricht und als ich ein paar Worte auf Russisch sage, verfällt er auch ins Russische. Ich verstehe nur ein paar lose Worte. Irgendwas mit Banja, die wir ja benutzen könnten, aber die Sonne ist ja gerade die Banja, weil es an diesen Tagen so warm ist.

Wir machen es uns gemütlich, verspeisen schnell ein paar Instantnudeln, um für den restlichen Tag am Strand gerüstet zu sein.

Wie ich in Estland die Strände meiner Kindheit wieder entdeckte

Seit gestern haben wir nämlich unseren Lieblingsstrand auf der Insel, wenn nicht in ganz Estland.

Mit dem Auto fahren wir dafür ziemlich weit in den Küstenwald hinein, bis die Wege zu sandig werden. Wir schnappen uns Handtücher, Malsachen und Wasserflaschen und definieren zwischen 3 Bäumen unser Camp. Da werden Hängematten aufgespannt und der Kleinste ist schon ins Wasser gestürmt, was hier so flach ist, dass wirklich nichts passieren kann. Nur sehr wenige Leute sind heute Nachmittag hier. Wir fragen uns langsam, ob wir einen Geheimtipp der Einheimischen entdeckt haben und der Strand nicht für Gäste weiter empfohlen wird.

Räucherfisch – Flunder oder Hornhecht auf der Insel Kihnu – und das einheimische Brot und Bier

Wenn man auf der Insel Kihnu Essen serviert bekommen will, gibt es genau drei Stellen: den Aru Grill, die gegenüberliegende Bar und Rock City.
Nach dem Strandtag haben alle einigermaßen Hunger, leider auf verschiedene Dinge.

Ich möchte nun endlich den Räucherfisch probieren, die anderen frittierten Fisch und Pommes. Das Gibt es in der Bar gegenüber dem Arugrill. Große gut gefüllte Teller nebst einem Brotkorb mit dem einheimischen Kastenbrot stehen auf dem Tisch. Ich trinke nur ein Bier, um mir noch den Hunger aufzuheben. Guten Appetit.

Mein Abendessen bekomme ich dann bei einem Räucherfisch Imbiss. Dort kaufe ich auch gleich das einheimische Brot, es schmeckt etwas süßlich und hat viel Kümmel in sich. Ich probiere geräucherten Hornhecht, der mir wie ein paar runde abschnitte von Aal auf einen Pappteller gelegt wird. Die Mittelgräte des ungewöhnlichen Ostseefisches ist leuchtend grün. Ich habe ganz schön zu tun, die kleineren Gräten beim Essen rauszupuhlen und die Wespen zu überzeugen, dass es vielleicht doch nicht so gut ist, sich hier herum zu treiben.

Schließlich fahren wir alle mit gefüllten Mägen zurück in unsere Unterkunft Niine Majutus.

Ehrlich gesagt, liegt mir der Fisch und leider schwer im Magen. Eine Gräte außerdem quer im Hals. Das halte ich aber aus.

Jan beginnt den Abend damit, dass er das Auto neu sortiert und aufräumt. Für die nächsten vier Nächte möchte er noch ein übersichtlich gepackte Gefährt haben. Das gelingt ihm gut, bevor alle im Bett verschwinden und noch einen Film auf dem ipad geguckt haben.

Am Wochenende scheint auf der Insel Kihnu viel mehr los zu sein, als unter der Woche im Sommer. Heute am Samstagabend, hören wir immer wieder ein paar Autos auf der Straße und bemerken Gruppen von Radfahrern, die zu irgendwelchen Parties zu strömen scheinen.

Auch das ist das Unesco Weltkulturerbe Kihnu – Platz für Einheimische und Touristen, Traditionen, russisch Motorräder, Parties und Räucherfisch und die Strände meiner Kindheit.

Was es mit den gestreiften Röcken auf der Insel Kihnu auf sich hat, erfährst du hier.

Geertje

Geertje schreibt und fotografiert auf Reisen gerne, um diese intensiven Momente des Lebens festzuhalten. Sie möchte diese wunderbare Welt auch ihren Kindern zeigen und reist deshalb am liebsten als Familie in den Norden. Schön ist es, wenn Bilder und Texte auch andere Familien zum Reisen inspirieren.

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