Die Insel Hiiumaa in Estland mit dem Kalana Holiday Village

Auf der Insel Hiiumaa ist die Zeit stehen geblieben. Zwischen Blaubeeren, lost places und einsamen Stränden vergessen wir auf diesem Roadtrip Zeit und Raum.

Nachdem es gegen 3 Uhr nachts auf der Insel Hiiumaa in Estland noch musikalisch zuging, habe ich friedlich geschlummert und bin gegen halb acht schon ausgeschlafen. Ich ziehe mir schnell was über und stehle mich aus der kleinen Holzhütte des Kalana Holiday Village. Mich zieht es zum Strand. Draußen ist jetzt alles ruhig wie ausgestorben, als hätte das Hip-Hop Konzert nicht stattgefunden.

Hiiumaa

Strandspaziergang auf der Halbinsel Kalana und Frühstück im Kalana Holiday Village

Ich spaziere die 10 Minuten den Kiesweg zum Sandstrand entlang. Malsachen dabei und natürlich ein Handtuch. Ein morgendlicher Dip im Meer muss schon mal sein.
In der sandigen Bucht bin ich ganz allein, die Sonne ist schon hoch am Himmel und es ist warm. Ich kühle mich ein Mal im Meer ab und male dann ein bisschen in mein Skizzenbuch.
Um neun soll es im Haupthaus Frühstück geben. Jan hat es für mich geordert, weil er weiß, dass es zu meiner guten Laune beiträgt – vielleicht hatte er aber auch nur Bedenken, dass ich sonst in der Hütte herum rumpel, Kaffee koche und alle zum Aufstehen motiviere.

Hiiumaa

Um neun Uhr sind auch die Kids schon draußen und unter einem weißen Pavillon wird Open air Frühstück serviert. Lecker Porridge, Toast, Käse, Wurst, Joghurt. Lecker angerichtet.
Wir besprechen den Tag und bemerken, dass es hier ganz schön einsam ist. Einen Laden gibt es hier an der westlichsten Spitze der Insel Hiiumaas nicht. Jan erklärt sich bereit eine halbe Stunde mit dem Auto zu fahren und erst einmal ein paar Lebensmittel einzukaufen.

Insel Hiiumaa

Strandtag mit Burgenbau am einsamsten Strand der Welt auf der Insel Hiiumaa

Ich mache mich nach dem Frühstück mit dem Kleinsten strandfertig, packe einen Rucksack mit Badezeug, Tarp, Lebensmitteln, Malzeug und dann trotten Morten und ich mit einer Mission los.
Wir wollen einen Sonnenschutz bauen bis Merle und Jan mit dem Einkauf wieder da sind.
Es ist echt sonnig und ein Schattenspender am Strand notwendig. Aber es bläst auch ein böiger Wind auf der estnischen Insel Hiiumaa. Der kommt uns in die Quere.

Insel Hiiumaa
Aus meinen Kindheitserinnerungen kommen Szenen am FKK Strand mit Strandburgen aus Schwemmholz und Windschutz hoch. Mein Vater war der Baumeister und es sah immer toll aus. Ob wir so etwas hier heute schaffen?
Aus dem Wald schleppen wir lange morsche Kiefernäste herbei, graben sie ein und beschweren sie mit Steinen. Das Tarp hat Abspannleinen, die wir auch im Boden befestigen.

Hiiumaa

Ächz, Stöhn, nach einer knappen Stunde spricht Morten das erste Mal vom Aufgeben, denn die langen Hölzer sind auch schon ein paar Mal gebrochen, da der Winddruck so gewaltig war.
Mit Strippen versuche ich verschiedene Hölzer zusammen zu binden, einzugraben und abzuspannen. Dennoch sieht das ganze Bauwerk weder elegant noch stabil aus.

Insel Hiiumaa

Nach fast zwei Stunden kommen die Einkäufer den Strand hinunter und wissen den Schattenspender ungeachtet seines Aussehens zu schätzen. Jetzt gönnen wir uns endlich eine Badepause, essen frische Äpfel und trinken einen Schluck.
Jan setzt sich unter das Tarp und auf die Picknickdecke und bewegt sich den ganzen Nachmittag nicht mehr davon weg. Ich zeichne an verschieden Stellen, male und gehe dann schließlich am späten Nachmittag eine Runde spazieren. Eigentlich wollte ich nur kurz in den Wald, daraus wurde ein längerer Ausflug.

Insel Hiiumaa

Lost places und viel Natur auf der Insel Hiiuma – eine Wanderung

Ich bin doch zu neugierig, was dieses Surfpardies in der anderen Bucht angeht. Im Wald finde ich aber auch noch so viele Attraktionen, die mich aufhalten.
Blaubeerbüsche die prall gefüllt sind und Bunker aus alter Sowjetzeit, die eine mystische Anziehungskraft ausüben.
Schließlich komme ich nach einer Stunde am Wassersportzentrum Surfparadise an. Leider kann man keine Windsurfausrüstung ausleihen, nur Wellenreit-Boards und Neoprenanzüge, ein riesiges Wassertrampolin und einige Holzhütten machen diesen Ort zu einem kultigen Surferspot. Den Ort möchte ich mal erleben, wenn es hier wirklich Wellen gibt. Ich spaziere weiter und denke, dass ich doch irgendwie zu dem Leuchtturm gelangen müsste, den ich schon weitem gesehen habe.

Der Wald ist dicht und das leuchtende Rot schimmert dann nach einigen Minuten durch das Grün.
Der Betonleuchtturm wurde einst von demselben Baumeister erschaffen wie der Eiffelturm, nämlich von Eiffel.
Ich habe weder Geld noch Handy dabei, deshalb kann ich keinen Kaffee und keine Eintrittskarte kaufen. Ich frage aber in der innenliegenden Bar, wie ich am besten zu Fuß nach Kalana Beach zurückkomme – eventuell macht sich meine Familie langsam Sorgen.
Einige Autos sind auf den breiten Waldwegen unterwegs und ich könnte leicht nach einer Mitfahrgelegenheit suchen. Aber irgendwie finde ich es auch gerade spannend, ohne Plan und Handy unterwegs zu sein und trotzdem anzukommen.

Die Waldwege sind auf meinen Rückweg mit Blaubeeren und sogar Walderdbeeren gepflastert. Es ist unglaublich, man könnte nur dasitzen und sich verpflegen.
Nach fast zwei Stunden Wanderung kommt endlich ein weißes Zeltdach in Sicht. Es gehört zum Kalana Hafen. Und ich bin ganz erleichtert. Ich muss allerdings nochmal eine Runde zum Strand drehen, da hier der Rest der nordicfamily auf mich wartet. Sie haben schon das Tarp abgebaut und mir ein paar Zeichen im Sand hinterlassen, ein schönes Steinsignet und ein Pfeil.

Grillen im Kalana Holiday Village auf der Insel Hiiumaa

Jetzt schlendern wir zurück zur Hütte mit salziger Haut, Sonnenbrand und Hunger. Im Kühlschrank der kleinen Campinghütte wartet Grillfleisch.
Die Hütte hat sich über den Tag aufgewärmt und wird erst mal belüftet. Vor dem Haus heizt Jan den kleinen Grill an und Merle ist Grillmeisterin. Ein üppiges Fleisch Abendbrot beschließt diesen Strandtag auf der Insel Hiiumaa, der viele Kindheitserinnerungen weckte.

Nach so vielen heißen Tagen herrscht in den meisten Gebieten in Skandinavien und auch hier in Estland eine hohe Waldbrandgefahr. Deshalb darf man in der freien Natur keine Lagerfeuer entfachen. Der Grill ist jedoch gut unter Kontrolle zu halten und befindet sich zwischen den Hütten nicht direkt unter Bäumen. Der Hausherr hat uns das Grillen gestattet.

Die Haut spannt von der vielen Sonne und schmeckt salzig von dem vielen Baden im Meer.

Meine Bilder im Kopf sind heute ganz vielfältig von der üppigen Natur und den lost places auf der Insel Hiiumaa.

Jan schreibt über den nächsten Tag auf der Insel Hiiumaa

Wir beginnen den Tag wieder mit einem ausführlichen Frühstück und starten dann gemütlich in den Tag. Da Merle sich für den Abend die Zubereitung von Blaubeerpfannkuchen vorgenommen hat, brechen wir zum Blaubeersammeln auf. Die gibt es im Wald gleich um die Ecke in rauen Mengen.

Jan: Das überlassen Morten und ich den Mädels und versuchen uns mit der Angel im ehemaligen Hafenbecken. Irgendwie geht mir kurz die Jäger- und Sammleraufteilung durch den Kopf und ob solche Muster einfach schwer zu durchbrechen sind oder es einfach nur Zufall ist?

Angeln und Blaubeeren sammeln auf der Insel Hiiumaa

Morten ist zwar inzwischen sehr gut im Angelauswerfen, nur mit dem Fangen haben wir kein Glück. Als sich dann auch noch die Angelschnur verheddert, ist irgendwie die Luft raus und wir gehen zurück. Die Mädels haben reichlich Beute gemacht und sind ganz im Blaubeerrausch. Wir freuen uns aufs Abendessen.

Dann beschließen wir, einen Ausflug zu machen. Die Sonne brennt ganz schön runter und ein klimatisiertes Auto erscheint recht attraktiv. Wir wollen Leuchtturm Sightseeing machen. Die Leuchttürme sind hier eine der Dinge, die man wohl gesehen haben muss.

Insel Hiiumaa

Die Leuchttürme der estnischen Insel: Hiiumaa Tahkuna, Kõpu und Ristna

Tahkuna ist ein wirklich hoher Leuchtturm und ich bin in der Hitze nicht willig, die zweihundert Stufen hoch zu krakseln. Geertje kauft sich ein Drei-Leuchttürme-Eintrittsticket und schwingt sich mit Morten nach oben.

Währenddessen sitzen Merle und ich unten im Schatten an einem kleinen Kaffee das uns Internetanschluss gewährt. Die gibt’s hier wirklich überall.

Wir erfahren ganz nebenbei, dass es seit einer Woche eine Invasion von ..tja wovon -eigentlich gibt. Sie sehen aus wie Fliegen in XXXL und ich tippe auf eine Bremsen – Art. Die Viecher sind echt unangenehm ob ihrer Größe und wirken sehr bedrohlich, aber scheinbar sind sie harmlos. So meint zumindest der nette Verkäufer. Tatsächlich sind es die kleinen Bremsen die merklich stechen.

Wenn man diesen Umstand ignoriert, gibt es an dieser Stelle noch ein Denkmal für die Untergegangene Estonia zu bewundern. Wir machen uns dann jedoch schnell auf, denn Merles Tagesziel –neben Blaubeerpfannekuchen- ist Lesen-am-Strand.

Zurück an unserem Strand ist es so windstill, dass der Aufbau des Tarp im Gegensatz zum Vortag schnell und leicht von statten geht. Tatsächlich entsteht eine so formschöne Konstruktion, dass Geertje beschließt, mit Morten hier zu übernachten.

Im Laufe unsere Zeit am Strand verletzt sich Merle leider mit einer kleinen Fleischwunde zwischen den Zehen und ich beschließe, sie an unserem Haus zu verarzten. Nach dem das geschehen ist, fängt sie schon mal an zu backen. Tapferes Mädchen.

Als Morten und Geertje zurückkommen, beginnt das Schlemmen.

Blaubeerpfannkuchen Rezept nach Oma Ille

2 Tassen Mehl, 2 Tassen Milch, 4 Eier, etwas Salz – zum Backen streuen wir Blaubeeren auf den Teig in der Pfanne.

In der Draußenküche zwischen den Ferienhäusern des Kalana Holiday Village ist es auch nicht so schlimm, wenn man einmal kleckert. an unserer Picknickbank vor dem Campinghäuschen verspeisen wir riesige Berge von den original Blaubeerpfannkuchen. Herrlich sommerlich.

Hiiumaa

Blaubeerpfannkuchen auf Hiiumaa

Einmal am Strand der Ostsee übernachten

Hier schreibt Geertje: Als ich das tolle Biwak am Strand sah, war mir sofort klar, dass ich dort übernachten möchte. Ein Microadventure. Vacation from the Vacation. Eigentlich wollte ich aber auch das Erlebnis mit einem der Kinder haben. Zufällig erzählte ich Morten von der Idee, der gleich Feuer und Flamme war.

Hiiumaa

Innerhalb des Abends mit den Blaubeerpfannkuchen überlegte ich noch gemeinsam mit Jan, diesen Plan zu optimieren. Wir kamen zu dem Entschluss, doch Merle das Angebot zu machen – ich weiß gar nicht warum und wie. Natürlich war Morten sauer.

Deshalb war er es auch, der sich mit mir gegen 10 Uhr abends auf den Weg machte. In einen Rucksack verstauen wir zwei Decken aus dem Ferienhaus, eine Trinkflasche, zwei Äpfel und ein Vorlesebuch.

Der Sonnenuntergang zwischen 23 und 0 Uhr ist gigantisch, Orangerot und der Strand fast menschenleer. Eine Horde junger Leute rennt splitternackt gegen Mitternacht in die Ostsee, ein schwules Pärchen kuschelt in der romantischen Atmosphäre, dann sind wir für den Rest der Nacht allein. Das Meer wird in meinen Ohren immer lauter, der Wind frischt etwas auf. Dann höre ich es neben meinem Ohr tröpfeln. Von dem Tarp tropft es. Wahrscheinlich ist die Luft so feucht und das Kondenswasser schlägt sich schnell nieder. Ich wache oft auf und wünschte ich könnte tiefer und gelassener schlafen. Aber Stille kann so laut sein, besonders 5 Meter von den Wellen entfernt.

Gegen vier Uhr wacht Morten auf und meint, dass er nicht mehr am Strand schlafen möchte. Er will jetzt nach Hause. Ich wäge hin und her ab. Zwischen Abbau-Aufwand und in Ruhe schlafen Vorteil. Da ich ihm auch ein positives Erlebnis bescheren möchte, baue ich so flink wie möglich unser Nachtlager ab. Das gut aufgestellte Tarp, die Picknickdecke, die Zudecken. Wir sind von den Mücken etwas zerstochen Über die Steine torkeln wir schlaftrunken 15 Minuten Fußweg zu unserer Campinghütte am Kalana Harbour zurück.

Hiiuma

Unser Nachtlager mit Sonnenuntergang um Mitternacht auf der Insel Hiiumaa

In dem Gebiet, wo wir biwakierten ist übrigens eine Gegend, auch im Wald, wo man campieren darf. An einigen Stellen sind vorbereitete Feuerplätze und Parkbuchten, an einigen Bäumen hängen Schilder, wo man sich melden und 5,00 Euro fürs Campieren bezahlen kann.

Wir schlummern noch friedlich bis kurz vor neun. Dann klingelt meine innere Uhr, denn es gibt Frühstück im Kalana Holiday Camp.

Gestern sind wir aus Tallinn auf die kleine Insel in der Ostee gefahren. Hier kannst du den Blogpost dazu nachlesen.

Geertje

Geertje schreibt und fotografiert auf Reisen gerne, um diese intensiven Momente des Lebens festzuhalten. Sie möchte diese wunderbare Welt auch ihren Kindern zeigen und reist deshalb am liebsten als Familie in den Norden. Schön ist es, wenn Bilder und Texte auch andere Familien zum Reisen inspirieren.

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