Sami Rendeer Experience in in Schwedisch Lappland und eine kleine Familienzusammenführung

Bevor ich etwas über das touristische Highlight, der Sami Rendeer Experience in Kiruna Lapland im kleinen Ort Ravttas in Schwedisch Lappland erzähle, wird es nochmal sehr persönlich.

Nach drei Wochen Arbeit in Jukkasjärvi am Icehotel…

Es ist Samstagnachmittag gegen halb zwei, draußen ist es stockfinster und ich bin gerade im Camp Ripan eingezogen. Es ist eines der schönsten Hotels in Kiruna mit kleinen Hütten als Hotelzimmer. Nach drei Wochen Icehotel bin ich super froh, einmal durch zu schnaufen. Einerseits brauche ich nach so viel körperlicher Arbeit wirklich Erholung, andererseits reißt dieses Alleinsein nun auch ein tiefes Loch in meine Seele.
Die Gemeinschaft der internationalen Künstler und Mitschaffenden am Icehotel war so intensiv und liebevoll, dass ich schwer loslassen kann. Wir haben etwas Großartiges erschaffen und eine sehr berührende Eröffnung mit erlebt. Jetzt soll alles zu Ende sein?

Ein neuer Abschnitt beginnt während meines 6 wöchigen Lapplandaufenthalts.

Die Familienzeit im Schnee in Kiruna Lapland

Ich schmücke die kleine Hotelhütte, die in einen Schlaf-/ Wohnraum und in ein Kinderschlafzimmer untergliedert ist. Morten hat nämlich am Sonntag bei seiner Ankunft Geburtstag.


Mit Roland, einem Icehotel Kollegen, kaufe ich ein bisschen in Kiruna ein. Kerzen , Servietten, Luftballons, Schokokuchen. Die Hütte sieht so gleich festlich und gemütlich aus.

Ich lasse die letzten drei Wochen Revue passieren, editiere Bildmaterial und hole etwas Schlaf nach.

Ein Sonntag im Hotel Ripan in Kiruna Lapland

Dann ist schon bald Sonntag. Ich bin ganz gespannt auf das Hotel Ripan Frühstücksbuffet. Deshalb eile nach meinem Morgenyoga in das Hauptgebäude im Camp Ripan. Dort empfängt mich eine wohlig warme Atmosphäre mit gedämpften Licht. Ich finde einen Frühstücksplatz auf einer Bank, von der aus ich den Raum gut überblicken kann.

Ein Kaffee und ein Lingonberry Saft sind das erste, was ich greife. Dann stelle ich mir aus verschiedenen Zutaten ein super gesundes Müsli zusammen. Dazu kommt ein Berg Obst. Was zu dieser Jahreszeit hier sehr exotisch wirkt. Außerdem dampfen auf dem Buffet, Rühreier, Rentierfleisch. Marmeladen, Käse und regionale Wurstspezialitäten verströmen einen herrlichen Duft.

Ich mache es mir auf meiner Bank gemütlich und schlage ein Buch auf. Wann habe ich das letzte mal so gemütlich mit Lesestoff gefrühstückt?

Auf Langlauf Skiern um das Hotel Camp Ripan herum

Draußen ist es fast noch dunkel gegen zehn erahne ich etwas Tageslicht.
Das bringt mich zu der Idee, eine kleine Runde auf Langlaufskiern zu drehen. Hier im Camp Ripan kann ich  mir ganz unkompliziert Langlaufskier oder auch Schneeschuhe ausleihen.

In der Hütte ziehe ich mich dafür artgerecht an und mache mich auf in die Skispur. Es ist fast ein Ski –in Ski-out.Schnell bin ich in der Spur und sehe auch ein paar andere Skiläufer und ganz plötzlich befinde ich mich mitten in einem Skirennen. Oh wie peinlich. Ich habe keine Nummer auf dem Rücken und behindere den ganzen Verkehr.

Eine Frau, anscheinend eine Trainering ruft mir zu, „här är en tävling“ – hier ist ein Wettbewerb. Ich nicke schuldbewußt und sage, dass ich mich wohl verlaufen habe.

Schnellstmöglichst gehe ich aus der Spur und wähle dann den Mittnattssol Stigen , der eigentlich für Schneeschuhe gedacht ist und keine Skispur hat. Aber wenigstens findet hier kein Rennen statt. Nach einer guten Stunde bin ich wieder zurück in unserer Hütte und dann ist es auch schon soweit, die Familie vom Flughafen abzuholen

Ankunft der Familie am Flughafen Kiruna

Roland fährt mich und pünktlich landet der Flieger von Stockholm im weißen Kiruna. Eine hibbelige Familienbande kommt mir entgegen. Wie schön, alle wiederzusehen.

Die aufgeregten Kids freuen sich besoonders auf den Schnee, der draußen in Massen auf sie wartet.

Auto mieten in Kiruna Lapland

Bei der Autovermietung Hertz holen wir auch sogleich unseren Mietwagen ab. Wir haben die Luxus, dass wir uns zwischen drei Modellen entscheiden können, denn der Kofferraum und das Fahrverhalten im Schnee sind für uns schon sehr entscheidend.

Gleichermaßen sind die Fahrzeuge hier entweder mit Spikes im Winter ausgestattet oder mit sehr guten Winterrädern. Wir entscheiden uns für einen sehr geräumigen Volvo. Ich befürchte mal wieder, dass wir uns sofort in so ein Fahrzeug verlieben, wenn wir erst einmal drei Wochen damit fahren.

An dem kleinen Flughafen in Kiruna bin ich immer wieder davon begeistert, wie übersichtlich und persönlich alles abläuft. Die Gastgeber und Abholenden stehen direkt in der einzigen Empfangshalle mit am Gepäckband und man kann sich nicht verlaufen. Die Autovermietung Hertz ist sooo schön persönlich.

Geburtstagskuchen im Camp Ripan

Wir fahren zum Camp Ripan, wo das Geburtstagskind erst einmal in unserer geschmückten Hütte den Geburtstagskuchen anschneiden darf.

Kladdkaka

Alle sind begeistert von unserem kleinen gemütlichen Zuhause, was wir hie rim Camp Ripan haben. Die Kids wollen allerdings gleich wieder raus. Im Schnee buddeln, Rodeln und einfach nur die Schneeflocken auf die ausgestreckte Zunge fallen lassen.

Es gibt viel zu erzählen und zu kuscheln. Schließlich müssen wir uns nach drei Wochen auch erst einmal aneinander gewöhnen.

Zum Abendbrot habe ich Rentierfleisch mit Kartoffelbrei und Lingonsylt vorbereitet. Gleich danach fallen alle gleich todmüde in die Betten. Die Familie hatte seit ihrer Abreise um fünf Uhr morgens in Berlin einen echt langen Tag.

Frühstück im Camp Ripan

Heute steht die Sami Rendeer Experience, von Visit Abisko aus organisiert, auf dem Programm. Sie findet in dem kleinen Samendorf Ravttas mit der Familie Enoks statt.

Frühstück im Camp Ripan ist für mich ein großes Highlight, denn ich genieße gutes Essen am Morgen, am liebsten alleine und mit einem Buch oder meinem Handy. Heute begleitet mich Morten, super schön, denn wir haben uns ja schließlich drei Wochen nicht gesehen. Wir schaufeln uns unsere Teller voll mit Früchten und einer individuellen Müslimischung. Ich habe ein Glas Lingonberrysaft und einen Kaffee vor mir stehen. Morten entscheidet sich für Croissants und Käse. Es stehen aber Rentierfleisch und Wurst auf dem Buffet.

Hotel Camp Ripan in Kiruna Lapland

Heute haben wir ein volles Programm. Als Jan und Merle zum Frühstück kommen, sind wir schon voll im draußen Modus.

Wir müssen klären, wer was anzieht, denn die Familie kommt im Gegensatz zu mir gerade nur aus gemäßigten Temperaturen, während ich schon drei Wochen bei Minusgraden und körperlicher Aktivität verbracht haben.

Kiruna Lapland und samischen Geschichten am Lagerfeuer

Nach dem Frühstück steigen wir in den vorgeheizten Mietvolvo und düsen ab nach Ravtttas. Es ist ein kleines Samendorf an der Straße nach Nikkaluokta. Wir finden die Einfahrt nicht gleich, denn an den Straßenrändern türmt sich der Schnee meterhoch.

Auf den Straßen ist die Schneedecke festgefahren und mit Winterrädern ist es ein ganz angenehmes Fahren. Jan schreibt dazu sicher später noch einen Absatz.

Rentiere in Lapland

Ankunft in Ravttas zur Sami Rendeer Experience mit der Familie Enoks in Kiruna Lapland

Nach zwei kleinen Straßenbiegungen sehen wir schon ein paar Rentiere und eine samische Familie in ihrer farbenfrohen Tracht. Wir parken unser Auto und eilen auf die Gruppe zu. Nils Enoks begrüßt uns freundlich und schüttelt uns die Hände. Ich kann meine Augen gar nicht von den schönen Detail seiner samischen Tracht lassen.

Ein paar andere Gäste aus England und Polen sind heute Vormittag auch mit von der Partie. Aus dem großen Rentiergatter wählen wir ein paar schöne Tiere aus, mit denen wir uns heute etwas genauer beschäftigen. Nils bietet an, mit einem Art Halfter die Tiere heraus zu führen, die Kids sind gleich mit Begeisterung dabei und haben jeweils IHR Tier gefunden. Neben Nils sind noch seine Schwester und Emil unser Ansprechpartner für Rentiertechnische Fragen.

Spaziergang mit den Rentieren zum Lagerplatz

Jetzt dürfen wir mit den Tieren einen Waldweg entlangspazieren. Der Wald ist hier ind er Arktis eine Ansammlung von kleinen Krüppel Birken und einigen Nadelbäumen. Alles scheint sehr licht. Apropos das Tageslicht ist noch recht spärlich. Erreicht aber seinen Helligkeitshöhepunkt tatsächlich gegen 12 Uhr mittags.

Rentier in Kiruna Lapland

Die Rentiere sind ganz folgsam und halten hin und wieder, wenn sie irgendwo ein paar Zweige knabbern wollen. Sie sind darauf trainiert, uns zu folgen. Das schöne Fell und die kugelrunden braunen Augen sind ein echter Hingucker.

Kiruna Lapland Winter

Die Kids genießen es, abwechselnd die schönen Tier an der Leine zu führen bis wir an einem offenen Platz ankommen, wo Nils mit Rentierschlitten auf uns wartet. Er erklärt uns, wie die Samen die großen Schlitten nutzen. Sie erinnern tatsächlich mit ihrer Fell bespannten Sitzfläche an Hundeschlitten.

Zu zweit nehmen wir auf einem Schlitten Platz und wie Hunde vor einem Schlitten scheinen auch die Rentiere ganz heiß darauf zu sein, um die Wette zu fahren. Sie sind kaum zu bändigen und rennen dann eine vorgegebene Runde auf der offenen Lichtung. Alle juchzen in den Schlitten und freuen sich an der rasanten Fahrt.

Rentierschlittenfahrt in Kiruna Lapland

Lassowerfen wie die Rentierzüchter in Lappland

Dann hält einer der Enoks ein violetter Kunststoffseil in der Hand. Geduldig erklärt er uns die Technik des Lassowerfens und hat dazu ein Rentiergeweih aufgestellt. Denn, wenn die Rentiere zur Markierung zusammengetrieben werden, fangen die Züchter sie mit Lassos ein, um eben diese Markierungen an den Ohren zu machen oder Impfungen zu geben o.ä. Das ist nach wie vor in KIruna Lappland Gang und Gebe.

Morten gelingt es auf Anhieb, das Rentiergeweih mit dem Lasso auf über 20 Meter Entfernung zu treffen. Dann machen wir sogar ein Spiel und ich bin ein rennendes Tier mit Händen als Geweih, was die Kinder einfangen müssen. Ein großer Spaß!

Auf Waldskiern unterwegs wie die Samen in Kiruna Lapland

An anderer Stell liegen schwere Holzskier bereit. Lustigerweise benutzt man sie mit nur einem langen Stock, um sich vorwärts zu bewegen. Ich probiere das gleich aus. Die Schnallen sind Robust und die Skier halten gut an meinen Winterstiefeln. Ich komme nur etwas mühsam voran, obwohl es doch bei dem jungen Samen vor mir so elegant aussah, wie er sich durch den tiefen Schnee bewegt hat.

Gemütlich am Lagerfeuer im Lavvu

Nach so viel Aktivität freue ich mich auf die gemütliche Zusammenkunft im Lavvu. Das ist das typisch samische Zelt, in dem in der Mitte eine Feuerstelle ist oder ein Ofen aufgestellt wird.

Die Familie Enoks lädt uns hier zu gebratenem Rentierfleisch und interessanten Gesprächen ein. Sie erzählen von ihrem Leben mit der Natur. Auch der Klimawandel beeinflusst ihr Leben. Durch Wärmeperioden im Winter schmilzt der Schnee und gefriert dann wieder zu einer dicken Eisschicht. So gelangen die Rentiere nur sehr schwer an ihr Futter. Das sind die Flechten und kleinen Pflanzen unter dem Schnee.

Außerdem haben wir auch schon im vorherigen Artikel von der Mine in Kiruna berichtet. Sie verändert die Landschaft hier oben in Lappland auch dermaßen, dass die traditionellen Wege der Rentierherden unterbrochen werden oder verschwinden.

Dennoch versuchen die Samen ihr Leben mit der Natur so weiter zu führen. Natürlich wird auch heute modernste Technik für die Haltung von Rentieren eingesetzt, Motorschlitten und Helikopter sind auch bei ihnen keine Seltenheit.

Immerhin werden alle Bestandteile eines Rentieres verwertet und sowohl Fleisch, Felle und Geweihe sind ein beliebtes Handelsgut.

Samische Geschichten in Kiruna Lapland

Viele Jahrzehnte wurden die Samen in Schweden unterdrückt, sie durften ihre Traditionen nicht leben und ihre Sprache nicht sprechen, schreiben oder weitergeben. Aus den Repressalien befreien sie sich langsam, aber wird zum Beispiel der traditionelle Joik Gesang nicht immer in der Öffentlichkeit vorgetragen, weil es in der Zeit der Christianisierung als Sünde galt.

Wir bemerken, dass es einige sensible Themen gibt, über die wir auch gerne dazu lernen, wenn die indigenen Samen bereit sind, sie mit uns zu teilen. Wir sind dankbar, hier mit ihnen zu sitzen und ein bisschen das Gefühl von dem Leben mit der Natur bekommen.

Dazu trägt die heimelige Atmosphäre bei, in der wie auf Rentierfellen am Lagerfeuer sitzen und aus traditionellen Holztassen starken Kaffee oder Lingonbeerensaft schlürfen.

Als ich aufstehe brennt der aufsteigende Rauch des Feuers in den Augen. Dabei laufen mir ein paar Tränen die Wange herunter, ob aus Rührung oder nur wegen dem Rauch ist nicht ganz klar.

Ist es nicht bezeichnend? In der samischen Sprache gibt es kein Wort für Krieg, dafür 200 Worte für Schnee.

Auf jeden Fall nehme ich dieses tiefe Gefühl der Naturverbundenheit mit, als ich das Lavvu verlassen. Die Erzählungen der Familie Enoks werden noch lange in meinem Herz nachklingen und Kiruna Lapland so schnell nicht vergessen lassen.

Geertje

Geertje schreibt und fotografiert auf Reisen gerne, um diese intensiven Momente des Lebens festzuhalten. Sie möchte diese wunderbare Welt auch ihren Kindern zeigen und reist deshalb am liebsten als Familie in den Norden. Schön ist es, wenn Bilder und Texte auch andere Familien zum Reisen inspirieren.

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