Eisbaden und Winterschwimmen – nur ein nordischer Trend?

Dieser Blogpost erzählt dir von meinen ganz persönlichen Erfahrungen mit dem Winterschwimmen und Eisbaden, er ist in keinem Falle eine Anleitung. Eventuell aber eine kleine Inspiration.

Der Winter ist nun eindeutig vorüber und ich kann Dir jetzt von meinen Erfahrungen beim Eisbaden berichten.
Mittlerweile hat das Wasser in meinem Haussee sieben Grad Celsius und von dem angenehmen Kribbeln und der Herausforderung, die im Januar verspürte, ist kaum noch etwas übrig. Dennoch werde ich weiter Das Coldwater Swimming betreiben, um mein Immunsystem zu stärken.

Alles fing um den Jahreswechsel an, als ich mehr und mehr in den sozialen Medien vom skandinavischen Trend, dem Winterschwimmen erfuhr. Ich folgte einigen Accounts und ließ mich inspirieren.  Nein ich muss noch viel früher anfangen…..

Eisbaden Fun
Eisbaden

Ich bin Teenager und lebe an der Ostsee, da gehört es wohl zum guten Ton, sei es als Mutprobe oder zum Ausprobieren der eigenen Fähigkeiten, dass man sich zu jeder Jahreszeit in die Ostseefluten stürzt. Dann nenne ich es An- oder Abbaden je nachdem in welchem Monat ich mitten in meinem Strandspaziergang das Kaltbaden ausprobiere. Manchmal sind Freunde mit dabei oder Familie, die es als kleine Verrücktheit abtun.
Dennoch ist es für mich nichts Ernstes, schließlich müßte ich mich dann mit den Warnemünder Seehunden oder anderen Menschen verbindlich verabreden an einem bestimmten Tag an einem bestimmten Ort zu sein, das paßt grad nicht in meinen jugendlichen Alltag.
Jetzt Mitte Vierzig allerdings helfen mir solche Commitments durch diese neue Routine zu kommen.

Die Warnemünder Oma als Vorbild

Meine Oma aus Warnemünde war immer ein großes Vorbild, wie sie ausführlich in der Ostsee oder auch in der Meeresschwimmhalle mit einer Freundin zum Schwimmen gegangen ist. Eine zähe Gesundheit und eine fröhliche Laune waren ihr inne.

Anfang der 2000 Jahre ziehe ich nach Berlin und später nach Potsdam. Das Meer bleibt mein Sehnsuchtsort und immer, wenn ich am Meer bin, muss ich auch wenigstens kurz mal eintauchen egal zu welcher Jahreszeit.

Im Rückblick betrachtet, verbinde ich mich so auf besondere Weise mit diesem Ort. So einen ähnlichen Moment hatte ich jetzt auch schon einmal an meiner Badestelle in Potsdam.

Eisbaden in Potsdam
Eisbaden – Winterschwimmen

Die Binnengewässer in Stadtnähe üben viele Jahre keinen Reiz auf mich aus, dort regelmäßig zu schwimmen. Ausgenommen davon sind die tiefen und klaren Seen der kleinen Mecklenburger Seenplatte und die Gewässer um Feldberg herum.

Baden als verwöhntes Ostseekind in Potsdam

Hier in Potsdam gehe ich viele Jahre nur, wenn es allzu heiß wird oder zur Freude der Kids in die Seen.

Ich muss dazu sagen, dass ich auch im Gegensatz zu frischem Fisch aus dem Meer kein Süßwasserfisch mag – schmeckt meist nach Teich oder gar Tümpel. Wie so ein Süßwasserfisch komme ich mir in manchen Binnengewässern vor – ich bin aber ein „Meeresfisch“!

Neue Herausforderungen in der Covid19 Pandemie gesucht

Jetzt ist die Situation anders. Pandemiebedingt fallen viele Abenteuer und Herausforderungen wie auch Reisen ans Meer flach. Jedoch ist es mir auch gelungen, neue Aktivitäten und Micro Abenteuer in mein und unser Leben zu bringen.  Segeln, Fahrradtour mit Campen, Weitwandern und so einiges andere. Mir fehlt jedoch der regelmäßige Kick, um in die Gänge zu kommen oder motiviert die Arbeit anzugehen.

Eisbaden in Potsdam
Eisbaden
Foto. Luis Alvarez / Fotobäckerei

Erste Versuche mit dem regelmäßigen Winterbaden in Potsdam

Nachdem ich genug Inspirationen aus dem hohen Norden auf meinem Newsfeed gefunden habe, begebe ich mich in den nahegelgenen kleinen See.

Eisbaden in Potsdam
Eisbaden in Potsdam
Foto: Luis Alvarez

Schon vorher kreisen meine Gedanken “ Zögern is nich“ – das weiß ich noch von den früheren Versuchen in der Ostsee.
Es prickelt, kneift und erfrischt – einige Sekunden reichen aus und ich fühle mich wie frisch geboren. Das Adrenalin schießt mir ins Gehirn. Ich trockne mich schnell ab und ziehe mir wieder warme Stiefel und Sachen an.
Die Motivation ist groß und wir rufen bei skandinavien.live eine Kaltbadewoche ins Leben.

Eisbaden in Potsdam
Winterschwimmen
Foto: Luis Alvarez

Ich fühle mich wie ein Greenhorn, wenn ich höre, wie Kaltbadeprofis in Interviews und Blogposts über das richtige Eisbaden berichten. Da ist der Canadier Jay, der in Norwegen lebt und fast täglich in Gletscherflüssen unterwegs ist oder sich ein Loch in das Eis hackt oder Kati, die vor den Toren Helsinkis in die Ostsee springt. Hoch im Norden Lapplands scheint gar eine Eissäge das wichtigste Utensil zum Eisbaden zu sein und das Eisloch zu sägen, ist dann der Sport, der einen richtig warm werden läßt. Nun ja und auf die Sauna am zugefrorenen See bin ich ja so richtig neidisch.

Nach einigen Malen, bei denen ich ein paar Schwimmzüge im See hinter mich gebracht habe, wird es richtig knackig kalt hier in Potsdam. Erste Eisschollen sind auf den Gewässern zu erkennen. An meiner Badestelle treffe ich zufällig Sergej.

Eisbaden in Potsdam
Eisbaden in Potsdam
Foto: Luis Alvarez

Es scheint, er ist ein erfahrener Winterschwimmer. Er hat gleich einen guten Tipp parat, nämlich dass ich vielleicht versuchen sollte, etwas länger drin zu bleiben, da der Körper sonst nur Stress hat.

Ich entdecke, dass andere Eisbader lange meditativ an einer Stelle im Wasser hocken.

Das probiere ich das nächste Mal und mache das eine Minute lang.

Die Hände schauen raus, denn Hände und Füße sind am empfindlichsten, was die Kälte anbelangt. Der Körper ist so schlau, dass er alle Wärme im Körperkern zusammenhält. Die äusseren Gliedmassen sind dabei unwichtig. Deshalb tragen auch viele Winterschwimmer Neoprenschuhe und Handschuhe.

Gedanken um die Ausrüstung beim Winterschwimmen

Ich krame in meiner Taucherausrüstung die Neoprenschuhe hervor und fühle mich sofort pudelwohl – wieso bin ich nicht vorher drauf gekommen.

Neoprenhandschuhe habe ich mir online bestellt. Sie kommen erst nach einigen Wochen, wo es schon wieder fast viel zu warm ist. Deshalb trage ich unterdessen bei den Sitzversuchen Handgelenkswärmer oder Wollhandschuhe.

Ein weiteres Utensil entdecke ich, eine wasserdichte Armbanduhr.

Eisbaden in Potsdam
Eisbaden
Foto. Luis Alvarez / Fotobäckerei

Ein weiterer Tipp von Micha einem Profi Eisbader, setze dir selbst ein Zeitlimit, denn, wenn man erst einmal im Baderausch ist, hat man wohl möglich kein Gefühl mehr für die Zeit. Alss trage ich, wenn ich dran denke eine kleine Stoppuhr am Handgelenk.

Weiterhin stelle ich gerne meine kalten nassen Füße auf eine Isounterlage. Dazu benutze ich so ein Isositzkissen.
Apropos Füße, warme Wollsocken und Schuhe oder Stiefel, in die man dann schnell reinschlüpfen kann, sind sehr nützlich. Sogar, wenn Wolle etwas feucht ist, wärmt sie noch ganz zuverlässig.

Wenn man in kälteren Gefilden unterwegs ist, gehört auf jeden Fall eine kleine Axt oder eine Eissäge dazu. Mir hat immer noch ein kräftiger Stock genützt, um kleine Eisschollen zu zerschlagen und mir einen Weg in den See zu bahnen.

Ich fasse also hier nochmal zusammen:

  • Neoprenschuhe
  • Handschuhe oder Handgelenkswärmer
  • Mütze
  • Unterlage beim Abtrocknen für die Füße
  • kuschliges Handtuch oder Bademantel
  • Armbanduhr / Stoppuhr
  • warmer Tee in der Thermoskanne
Eisbaden in Potsdam
Eisbaden
Foto. Luis Alvarez / Fotobäckere

Gehe nicht alleine Eisbaden

Darüber habe ich schon viel nachgedacht und es gibt viele Argumente dafür und dagegen.

An Homeschooling Tagen ist es eine schöne Routine für meinen Sohn und mich geworden, den Tag am See zu beginnen. Ich instruiere ihn regelmäßig, was im Notfalle zu tun wäre. Notruf anrufen. Das sollte er hinkriegen.
Außerdem kann er mir mal das Handtuch reichen:)
Wir haben eine halbe Stunde an der frischen Luft, egal bei welchem Wetter und sind beide wach für den Tag.

Ich genieße aber auch die Momente mit mir und dem See alleine. Wenn ich auf Augenhöhe mit den Blesshühnern bin, die ganz zutraulich und auf Armlänge vorbei geschwommen kommen, fühle ich mich ganz naturnah – bin quasi ganz eingetaucht an diesem Ort.

Eisbaden in Potsdam
Eisbaden in Potsdam
Foto: Luis Alvarez

Der Om -Moment beim Eisbaden

Zusammen mit dem „Sitzen“, dem ruhigen Verweilen im Wasser ist es ein sehr schöner meditativer Moment, der mich fast süchtig macht.
Das richtige Atmen hilft mir, mich in die Situation zu versenken. Bloß nicht kurzatmig werden, sondern gleichmäßig und tief ein und ausatmen.
Das ist hypnotisierend zusammen mit dem Kribbeln auf der Haut.

Der Meister im Eisbaden nennt es gerne den OM- Moment. Nachdem er ein paar Züge geschwommen ist, sitzt er noch für eine Minute ganz still im Wasser. Logisch, damit der Körper keinen Stress bekommt, sondern sich mit der Situation anfreundet.

Im Instagram Feed meiner Freundin Christine finden sich auch auf besondere Momente diese OM Momente in Naturfotos vom Eisbaden verarbeitet.

Eisbaden in Potsdam
Eisbaden
Foto. Luis Alvarez / Fotobäckerei

Die Gruppe von Gleichgesinnten beim Eisbaden

Interessant und hilfreich ist auch diese Gruppe von Gleichgesinnten, wie neulich beim Fotoshooting als die meisten von einer Eisbader Gruppe in Potsdam am Heiligen See dazu kamen, traf ich an meinem kleinen Teich eben auch den einen oder anderen, die immer zur selben Uhrzeit da sind.

Und darauf ist Verlass. So ist es eine Mischung aus Commitment mit anderen, Sicherheitsaspekt und interessanten Gesprächen und neuen Kenntnissen. Denn alle, die ich treffe, baden schon sehr lange im eisigen Wasser.

Eisbaden – ist das nun ein skandinavischer Trend?

Ich habe in letzter Zeit sehr viel aus dem Norden zu diesem Thema gehört. Beim Fotoshooting am Heiligen See traf ich Jaqueline, die zu Weltmeisterschaften und anderen internationalen Wettbewerben in der Welt reist. Sie ist Profi und schwimmt ihren Bahnen immer an der

Eiskante entlang. Sie war schon zur traditionellen Weltmeisterschaft im schwedischen Skellefteå dabei.

Eisbaden
Foto. Luis Alvarez / Fotobäckerei

Erste Tipps zum Eisbaden habe ich übrigens in einem anderen Blog gelesen und fand sie sehr nützlich und ermutigend:

Danke Andrea für deine Tipps zum Eisbaden.

Die meisten Fotos stammen in diesem Blogpost vom Fotografen Luis Alvarez, der uns zu einem Fotoshooting am Heiligen see in Potsdam einlud. Der Himmel war knalleblau und auf dem Wasser waren dünne Eisschollen, denn es waren minus 5 Grad. Es hat super Spaß gemacht und ich finde , die Bilder treffen perfekt die große Freude beim Eisbaden.

Einige davon kann man jetzt bei Getty images kaufen 🙂

Sie sind wie alle Bilder auf dem Blog hier urheberrechtlich geschützt.


Schreibe mir gerne, ob du schon mal im eisigen Wasser zum Winterschwimmen warst und vielleicht hast du ja auch noch einen guten Tipp für mich, hinterlasse den sehr gerne in den Kommentaren.

Geertje

Geertje schreibt und fotografiert auf Reisen gerne, um diese intensiven Momente des Lebens festzuhalten. Sie möchte diese wunderbare Welt auch ihren Kindern zeigen und reist deshalb am liebsten als Familie in den Norden. Schön ist es, wenn Bilder und Texte auch andere Familien zum Reisen inspirieren.

2 Kommentare:

  1. Toller Artikel und inspiriert mich, bzw. bestärkt mich darin, ganz oft ins kalte Wasser zu hüpfen und die Natur durch und durch zu spüren.

  2. Das freut mich! weiter so!

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