Eisangeln im Wildniscamp und Silvester – zweimal!

Mitten im Winter ins Wildniscamp? Haben wir gemacht.
Heute Morgen ist es mal wieder richtig knackig kalt in Rantajärvi unweit der finnischen Grenze in Heart of Lapland. Wir sind zu Gast bei Rantajärvi Vildmark und bewohnen ein gemütliches Doppelferienhaus. Es ist super ruhig in dem kleinen Dorf und vor unserer Nase liegt ein zugefrorener See. Der Himmel ist klar und changiert von blau nach pink und violett.

Eisangeln im Wildniscamp Naarajärvi

Die Familie döst noch in den wohlig warmen Betten, während ich schon mal zum Wildniscamp vorwandere. Dort sind wir gegen elf mit Anders zum Eisangeln verabredet. Nicht, dass wir Eis angeln wollen, nein, wir wollen Hechte durch Löcher im Eis ziehen. Morten hat das schon mal gemacht und war sehr erfolgreich und erhofft sich nun einen ähnlichen Erfolg und freut sich diebisch darauf, dass seine Schwester mal wieder leer ausgeht. Der Sommer gehörte beim Angeln ihr, aber den Winter beansprucht er irgendwie für sich. Wir sind gespannt.

Geertje allein im Wald auf dem Weg zum Wildniscamp

Die Temperaturen sind in der Nacht um 20 Grad gefallen und ich bin froh richtig angezogen zu sein: Meine Winterklamottenschichten bestehen aus einer dicke Wollunterhose nebst Socken und einer Skihose. Oben rum ein Merinowollshirt, Wollweste und Strickjacke. Darüber eine mittlere Daunenjacke und ein Baumwollanorak gegen den Wind. Mütze auf den Kopf, Kamera umgehängt und ich kann das Winterwunderland genießen. Mein Weg führt mich durch warm beleuchtete Holzhäuser. Die meisten sind im typischen Schwedenrot gestrichen, andere sind hellblau, rosa oder gelb. Da der eigentliche Wanderweg sehr tief mit Schnee zugeschneit ist, wähle ich die Straße als Wanderweg. 

Sie ist als Schneise durch den Wald angelegt und, weil sie so gerade ist, kann ich sehr weit sehen. 

Schneise durch den Wald Wildniscamp Naarajärvi

Mir begegnen in einer Stunde Fußmarsch nur zwei Autos. Also ist es gerade wie ein sehr bequemer Wanderweg durch die verschneite Natur schwedisch Lapplands.

Ich atme die kalte klare Luft. Es zwickt etwas im Gesicht, aber die Härchen in der Nase kleben noch nicht zusammen. Das passiert erst bei minus 20 Grad.

Vom schnellen Gehen wird mir bald ordentlich warm und ich mache alle Frontreißverschlüsse auf, die ich an meinen Sachen finde und binde mir dann den Anorak um die Hüften. Mit der Kamera versuche ich die exotischen Lichtsituationen einzufangen. Durch die Kälte ist aber auch der Akku bald leer.

Ich habe schon bedauert, dass ich bisher im Wildniscamp und auf dem Weg so wenige Tierspuren gesehen habe. Meine Augen sind ganz offen für die anderen Waldbewohner und da sehe ich doch auf der anderen Wegseite ein paar frische Tatzenspuren. Das muss ein wolfsähnliches Tier sein: Die Größe, das Kreuz, die Krallen. Ich staune.

frische Tatzenspuren

Das Wildniscamp Naarajärvi

Bald biege ich einen kleinen gut geräumten Waldweg nach Naarajärvi ein. Hier geht es zum Wildniscamp von Anders´Rantajärvi Vildmark AB.

Nach einigen Minuten erreiche ich den Wildnisplatz mit den urigen Blockhütten. Aus einigen Schornsteinen steigt Rauch auf. Anders hat also schon einmal die Sauna, den Grillplatzund eine Hütte vorgeheizt, damit wir uns nach dem Eisangeln schön aufwärmen können.

Die Familie ist noch nicht da und ich gehe einige vorsichtige Schritte durch den frischen Schnee auf den zugefrorenen See. Vorgestern, als wir hier übernachteten, bin ich etwas in der oberen Schicht eingebrochen und hatte dann nasse Füße, aber in der letzten Nacht waren es mehr als minus 17 Grad, es sollte also gehen.

Krallen- und Tatzenspuren

Ganz in der Nähe der vorbereiteten Angellöcher entdecke ich tatsächlich eine neue Tierspur. Auch kleine Krallen- und Tatzenspuren, aber sehr leicht, nicht im Schnee eingesunken, jedenfalls im harschen Teil. Ich versuche die Spuren zu deuten und nicht zu zerstören, damit ich sie mit den Kids und Anders diskutieren kann. Er ist ein erfahrener Jäger und hier ins Wildniscamp kommen während der Jagdsaison auch viel Jäger als Gäste. Sie sind mitten im Wald und haben alle Annehmlichkeiten, Feuerstellen und Betten. 

Anders erklärt uns später, dass der Fuchs hier auf der Jagd nach dem Schneehasen war.

Vor dem Angeln muss gebohrt werden

Dann trudeln alle fröhlich hier auf dem See ein und Merle schleppt einen riesen Eisbohrer auf den See. Die Löcher müssen ja erst noch gemacht werden, bevor wir unsere kleinen Stippangeln reinhalten können.

Es dauert ganz schön lange denn wie sich nach einer Weile rausstellt, haben wir den etwas stumpferen Bohrer erwischt. Dann kommt Anders mit einer schärferen Bohrspitze und wir wechseln uns alle mit dem drehen des Bohrers ab. Das ist sehr dick, ca 40 Zentimeter schätzt Anders. Das macht starke Oberarme. Morten ist immer noch sehr motiviert.

Löcher im Eis

Als drei Löcher im Eis sind, holt er eine kleine Kiste – Pimpel steht drauf – so nennt man in Schweden diesen gemütlichen Sport. Im Frühlingswinter kann man herrlich in der Sonne auf dem Eis auf Rentierfellen lagern, Kaffee schlürfen und hoffen, dass ein Fisch anbeißt. So ganz gemütlich ist es hier heute nicht, obwohl die unter- und aufgehende Sonne ein herrliches Lichtspektakel am Uferrand zaubert. Ein leichter Wind weht, was bei diesen Temperaturen recht schnell unangenehm wird.

Löcher im Eis

Wir haben alle einen kleinen Blinker an der Miniangel und bewegen den im Eisloch auf und ab. Niemand spürt auch nur ein wenig Fischinteresse. Während die Kinder und ich ganz geduldig sind, heizt Anders weiter die Sauna ein und brät für uns schon mal ein Alternativmittagessen am Lagerfeuer. Es soll Hamburger und Würstchen geben. Für Merle hält er stets eine vegetarische Alternative parat. Sieh hat sich an die Gemüsepatts gewöhnt.

Erst Eiskalt dann super Warm. Die Sauna ist an.

Nach einer Weile treibt uns dann auch der Hunger und der Wind ans gemütliche Lagerfeuer. Wir futtern uns den Bauch voll und trinken auch noch einen  Kaffee in der gemütlichen Grillstuga des Wildniscamp.

Dann dringt das Zauberwort an unser Ohr: Die Sauna ist jetzt warm genug. Anders hat das Häuschen für uns präpariert, immer wieder Holz nachgelegt, damit es jetzt zum Schwitzen einlädt. Morten stürmt als erster vor uns hinein und reserviert sich die kleine Plastikbadewanne mit Wasser. Dort mischt er warmes Wasser aus dem Saunakessel mit dem kalten Wasser von draußen und aalt sich genüsslich als wir geduckt durch die schwere Holztüre eintreten. Ein paar mal habe ich mir schon gestern den Kopf gerammelt. Aber was kann es schöneres geben?

Sauna

Alle wärmen sich prächtig auf und ich versuche die Temperatur noch etwas mit Aufgüssen in die Höhe zu treiben. Es gelingt.

Alle genießen einen Saunagang und ich sogar zwei. Danach rolle ich mich noch einmal so richtig im tiefen Schnee, der auf dem See liegt. Und dann wärme ich mich schnell wieder auf. Ein tolles Kribbeln auf der Haut und schnell noch ein paar Güsse mit dem Wasser aus der Badewanne. Dann bin ich auch ich soweit und verabschiede mich von diesem wunderbaren Ort in der Wildnis Schwedisch Lapplands. Wieder alle Schichten an und zurück geht’s nach Rantajärvi in unser Ferienhäuschen mit Zentralheizung und fliessend Wasser nebst Strom. Hier machen wir noch eine kleine Pause bevor es in die Silvesteraktivitäten geht, die wir heute noch auf dem Torne und damit auf der Grenze zwischen Finnland und Schweden vorhaben.

Silvester am Polarkreis

„We do it twice“ – ist tatsächlich der offizielle Name der Veranstaltung, die direkt am Polarkreis stattfindet. Jeses Jahr treffen sich hier in Juaksengi die finnischen und schwedischen Bewohner des Tornedalen (Tornetahls) um erst um 23:00 Uhr schwedische Zeit (00:00 Uhr finnische Zeit) und dann 00:00 Uhr schwedische Zeit zu feiern. Die Landesgrenze bedeuten hier im Alltag nicht viel und heute Abend ist sie sogar Anlass zum richtig Feiern. Wie schön und symbolisch in diesen Zeiten.

Polarkreis

Wir ereichen die Eisstrasse über den Torne, die Tagsüber für den „normalen“ Verkehr freigegeben ist gegen 21:30 Uhr. Anders ist auch dabei. Er kennt hier viele und kommt im Lavvoo, das mit einem brennenden Fass ausgestattet ist um die Besucher aufzutauen schnell mit anderen Bewohnern des Tals ins Gespräch. Es ist recht kalt. Meine App zeigt -17 Grad (gefühlte -26 Grad) an. Ich würde dem zustimmen. Wir sind jedoch gut angezogen und probieren daher die Angebote auf dem kleinen mit Schneekunst und Kerzen umgebenenden Areal auf dem Fluß aus.

Die coolste Party des Jahres

Wer will kann Tischtennis spielen, was überrasachend viele tun. Die Eiskristalle auf der Tischtennisplatte geben dem ganzen einen extra Effekt. Auch Minigolf auf Eisbahnen und Eisstockschießen wird geboten. Geertje schafft es bis zu 6 cm an den Mittelpunkt. Wir dachten schon sie wird erste, aber dann war noch jemand besser. Auch ein Loch im Eis zum Eisbaden wurde vorbereitet und direkt daneben steht nicht nur eine mobile Sauna, auch ein paar Hotpots laden zum Baden ein. Geertje hat zwar ihren Badeanzug mit, entscheidet sich aber gegen dieses Abenteuer, da die Hotpots schon mit leicht angedrunkenen Twenty-somethings voll sind.

Auf einem Anhänger beginnt hinter Glas eine Band tanzbare Musik zu spielen. Die Eltern tanzen, die Kinder schämen sich. So muss es sein.

Nach eine Glas Glögg im Anschluss ist es dann schon soweit. Der Bürgermeister der finnischen Seite hält einer Rede der kaum einer Beachtung zu schenken scheint und zählt dann von 10 runter. Feuerwerk Nummer 1 läutet das Jahr 2020 in Finnland ein. Applaus mit Handschuhen klingt lustig. Wie ein paar Pferde im Galopp in der Steppe.

Feuerwerk

Jetzt geht die Party mit den inzwischen vielleicht 250 Gästen nochmal in eine extra Runde.

Jahreswechsel, die zweite!

Die ausgelassene Stimmung hält an, doch als der Bürgermeister der schwedischen Seite nicht rechtzeitig mit seiner Rede fertig ist, wird er einfach vom Feuerwerk übertönt. Nun ist auch das neue Jahr in Schweden angekommen. Diskussionen welches der beiden Feuerwerke schöner, besser oder größer war scheinen mir müßig. Auch wenn es einige zu beschäftigen scheint. Verglichen mit Berlin war das alles sehr Zivil. Jeweils etwa drei Minuten von professionellen Feuerwerkern. Bis auf drei Raketen kein Privates feuerwerk und schon gar keine Böller weit und breit. Würden wir das so in Dland hinbekommen, gäbe es keine Disukussionen über Feuerwerksverbot und ähnliches.

Feuerwerk

Schön fanden wir es trotzdem und nach dem langen Tag fuhren wir dann auch gleich nach dem Feuerwerk nach Hause. So das wir um viertel vor ein in unseren Betten lagen. Im Schweden des Jahres 2020.

Geertje

Geertje schreibt und fotografiert auf Reisen gerne, um diese intensiven Momente des Lebens festzuhalten. Sie möchte diese wunderbare Welt auch ihren Kindern zeigen und reist deshalb am liebsten als Familie in den Norden. Schön ist es, wenn Bilder und Texte auch andere Familien zum Reisen inspirieren.

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